Frau Eff… und das Glücksroulette

Frau Eff, Berufsbetreuerin… und das Glücksroulette

Herr F. hat Glück gehabt. Sein Arzt stellt ihm die Bescheinigung über seine Behinderung kostenfrei aus. Er sagt, das sei doch eine Selbstverständlichkeit, wenn Herrn F. damit eine kontinuierliche ambulante Unterstützung ermöglicht werde. Herr B. hat kein Glück mit seinem Arzt. Der verlangt für das gleiche Attest 78 Euro und ist von Frau Eff nicht zu einer Ratenzahlung zu bewegen. Im Gegenteil, er überschüttet seinen Patienten und die rechtliche Betreuerin auch noch mit seinem Gejammer darüber, dass er bei den Kassenpatienten nichts verdiene, nein, eher noch dazuzahlen müsse. Deshalb schickt er auch seine Helferinnen mit dem tragbaren Kartenlesegerät in die Heime, um dort auf den Stationen jede Versichertenkarte einzulesen, die bei drei nicht in der verschlossenen Schublade ist.

Frau P. hat auch Pech. Die stationäre Einrichtung, die keine Lust mehr hat, die verhaltensauffällige Frau zu beherbergen, hat sie in die psychiatrische Klinik abgeschoben und verweigert die Wiederaufnahme. Angeblich hätte das Personal im Heim Angst vor ihr. Der rechtliche Betreuer der Frau, ihr Bruder, hat keine Ahnung, wie er gegen die übermächtige Großeinrichtung vorgehen soll. Die Ärzte der Klinik sind zwar sauer, weil Frau P. nicht behandlungsbedürftig ist und anderen Kranken einen Platz wegnimmt, sie kümmern sich aber nicht um eine Lösung. Frau P. könnte Glück haben und im Zuständigkeitsbereich einer engagierten Kliniksozialarbeiterin sein, ist sie aber nicht. Die zuständige Mitarbeiterin hat gerade eine Fortbildung als Yogalehrerin absolviert und bietet nun für die Patienten Entspannung im Hier und Jetzt an. Dieses zähe Geschäft, den bestehenden Heimvertrag einzuklagen, ist nicht so ihre Sache. Dafür bringt sie ungefragt ihre Klangschalen mit in den Dienst.

Herr M. wiederum hat superviel Glück gehabt. Ganz, ganz selten gelingt es dem Integrationsfachdienst wirklich einmal, einen Schwerbehinderten auf den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln. Bei Herrn M. war es ein Glücktreffer. Eine kleine KFZ-Werkstatt hat ihn genommen und alle Beteiligten sind hochzufrieden, und dass nun schon im zweiten Jahr. Das hat nur deshalb geklappt, weil der Mitarbeiter des Integrationsfachdienstes vor Ort in den Betrieben mit den Leuten spricht, den Kontakt hält und bei Schwierigkeiten Kompromisse sucht. Sein Kollege aus der Nachbarstadt telefoniert sich zum Beispiel nur durch die Stellenanzeigen in der Zeitung und sagt „Tja, der Markt gibt nichts her“.

In allen genannten Fällen hat das Glück nicht viel mit Zufall zu tun, sondern mit professionell zuständigen Menschen, die ihre Arbeit entweder ernst nehmen und ein Herz haben, oder sich durch ihren Dienst wursteln und dabei nicht die Bohne für die Not der ihnen Anvertrauten interessieren. Und genau das nervt mich gewaltig. Wenn ich mir vorstelle, durch einen Unfall oder eine Erkrankung plötzlich darauf angewiesen zu sein, dass Herr X oder Frau Y einen guten Tag haben und sich Mühe geben mit der Lösung meiner Probleme. Oder zu sehen, dass nur wenige das Glück haben, ihre Rechte im Zweifelsfall auch durchsetzen zu können. Zunehmend läuft es ja darauf hinaus: Es wird viel an Unterstützung geboten, aber die Hürden davor werden höher und höher. Wer nicht klug und mutig und wortgewandt und standhaft und ausdauernd ist, der muss halt gucken, wo er bleibt. Wenn er Glück hat, findet er jemand, der ihm hilft.