Frau Eff… und die Besuchshäufigkeit

Frau Eff, Berufsbetreuerin… und die Besuchshäufigkeit

Es gibt bei einigen besonders eifrigen Rechtspflegern den Wunsch, die selbstgerechten Berufsbetreuer an die kürzere Leine zu nehmen. Während man als dienstbeflissener Rechtspfleger, eingesperrt im engen Büro, im Kreuzfeuer der Akten, Gesetze und dem nicht enden wollenden Strom des Publikumsverkehrs steht, machen die rechtlichen Betreuer draußen, was sie wollen. Völlig ohne Chef und Kontrolle, ständig den Versuchungen von Eiscafés und Müßiggang ausgesetzt, mogeln sie sich durch ihr Berufsleben und vernachlässigen ihre Pflichten.

So kam die Regelung des § 1793 BGB, wonach der Vormund den Mündel “in der Regel” einmal im Monat in dessen üblicher Umgebung aufzusuchen hat, ganz gelegen. Ohne eine tatsächliche Rechtsgrundlage wird diese Vorschrift von einigen Gerichten auf das Betreuungsrecht übertragen und vom Betreuer ein Nachweis seiner Besuchshäufigkeit bei seinen Klienten gefordert.

Auch das schöne BS25-Formular für den Jahresbericht fragt ab, wie oft man den Betreuten gesehen hat und wann der letzte persönliche Kontakt stattgefunden hat. Die mit der pauschalen Vergütung abgeschaffte Dokumentationspflicht der Besuchshäufigkeit wird somit durch die Hintertüre wieder eingeführt.

Ich halte dies für einen völlig sinnlosen Versuch, etwas zu kontrollieren, was man nicht kontrollieren kann. Die Häufigkeit meiner Kontakte mit den Betreuten sagt nichts über die Qualität meiner Arbeit aus. Auch bei persönlichen Besuchen kann ich die Situation und das Gespräch so manipulieren, dass daraus für mich kein Handlungsbedarf entsteht. Einrichtungen, Angehörige und auch die Betreuten selbst sind vielleicht froh, wenn der Betreuer regelmäßig zu Besuch kommt. Aber ein nettes, unverbindliches Zusammensein ist weder Ziel noch Zweck einer rechtlichen Betreuung. Meine Besuche sind jeweils anlassbezogen, und auch nicht immer eine Freude für den Klienten. Ich erinnere nämlich an getroffene Absprachen, ermahne zum Sparen, kritisiere die Haushaltsführung, meckere über neue Haustiere, erinnere an Arztbesuche, schleppe Pflegedienste ins Haus und verbiete im Winter dauerhaft gekippte Fenster. Bei einigen meiner Klienten bin ich so ungerne gesehen, dass der persönliche Kontakt nur widerwillig geduldet wird.

Der junge Betreute, der mehrmals wöchentlich von Mitarbeitern des ambulant betreuten Wohnens aufgesucht wird und zu diesen ein super Verhältnis hat, sitzt immer ganz eingeschüchtert auf dem Küchenstuhl, wenn Frau Eff kommt. Ich bin für ihn eine Autorität, auch wenn ich mir Mühe gebe, dem 19-jährigen Schlunz locker zu begegnen. Wir reden über die wichtigen Dinge, Handyvertrag, Geld für Urlaub, Beschwerden der Nachbarn wegen Lärm, und der junge Mann ist heilfroh, wenn die Türe hinter mir zufällt.
Einen anderen Betreuten habe ich seit vier oder fünf Jahren nicht mehr gesehen. Er lebt in einer geschlossen Heimgruppe und teilt die Menschen in „Machtmenschen“ und „Normale“ ein. „Machtmenschen sind Ärzte, der Heimleiter, Therapeuten, Richter und Betreuer. Wenn die kommen, zieht er sich nackt aus, schmiert seinen Kot auf den Fußboden, die Wände und auf sich selbst und wartet unter der Heizung liegend darauf, dass die endlich verschwinden. Mit den „Normalen“ redet er ganz normal.

Eine andere Betreute hat eine Sozialphobie und spricht grundsätzlich lieber nicht mit Menschen. Sie schreibt aber gerne und wir sind im regen E-Mail-Kontakt. Über die Kommunikationsform können wir so gut wie alle betreuungsrelevanten Dinge klären. Die Betreute wünscht dies ausdrücklich so und müsste zu persönlichen Besuchen genötigt werden.

Soll ich diese drei also mit einem Besuch pro Monat quälen? Oder ist es nicht vielleicht doch besser, dass ich im Hintergrund arbeite, ihnen die Existenz sichere und die Dinge abnehme, die sie behinderungsbedingt nicht alleine leisten können. Ich bin niemand, der sich vor einem Hausbesuch drückt. Es gibt Betreute, bei denen ich phasenweise mehrmals pro Woche bin. Aber ich fange nicht an, mich den Leuten aufzudrängen oder ihnen mit einer halben Stunde Geselligkeit zu suggerieren, dass rechtliche Betreuer Freundschaften ersetzen.