Bundesgerichtshof bestätigt die „betreuerfreundliche“ Rechtsprechung des Landgerichts Berlin

BGH – XII ZB 534/19 – Beschluss vom 06. Mai 2020

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 06. Mai 2020 die bis dahin eher vereinzelt vertretene Auffassung des Landgerichts Berlin (vgl. BtDIREKT – Beschluss des Landgerichts Berlin vom 02. Oktober 2019 – Az.: 89 T 71/19) bestätigt. Danach führt eine zeitliche Verzögerung der Betreuerbestellung im Hauptsachverfahren nach Ablauf einer befristet angeordneten Betreuung im Eilverfahren grundsätzlich dazu, dass vergütungsrechtlich von der Anordnung einer Erstbetreuung auszugehen ist, mit der Folge, dass bei der Berechnung der Vergütung erneut die höheren Stundenansätze für die ersten Monate der Betreuung zugrunde zu legen sind. In dem Fall war es zu einer Unterbrechung der Betreuung von ca. 7 Wochen unter anderem deshalb gekommen, weil sich während des Hauptsacheverfahrens die örtliche Zuständigkeit des Betreuungsgerichts geändert hatte.

Während bislang in Literatur und Rechtsprechung über die Dauer der Unterbrechung gestritten wurde, ab der wieder von der Anordnung einer Erstbetreuung auszugehen sei, ist der Bundesgerichtshof – wie bereits das Landgericht Berlin – dieser kasuistischen Rechtsprechung entgegengetreten und hat für Rechtssicherheit gesorgt. Eine zeitliche Vakanz zwischen der Beendigung einer Eilbetreuung und der Anordnung der Betreuung im Hauptsacheverfahren hat nach dieser Rechtsprechung grundsätzlich zur Folge, dass die Berechnung der Betreuungszeit erneut beginnt. Dies begründet der Senat mit einer grammatischen, historischen und teleologischen Auslegung des § 5 VBVG (alte Fassung). Insbesondere das pauschalierte Vergütungssystem solle nicht zu Einzelfallgerechtigkeit führen. Es könne folglich nicht darauf ankommen, ob die Unterbrechung der Betreuung tatsächlich mit einem höheren Arbeitsaufwand für den Betreuer einhergehe. Das System bezwecke vielmehr den höheren oder geringeren Zeitaufwand durch eine Mischkalkulation zu kompensieren.

Schließlich geht der 12. Zivilsenat noch einen Schritt weiter als das Landgericht Berlin, indem er feststellt, dass nur in ganz besonders gelagerten Ausnahmefällen Zeiten einer vorläufig angeordneten Betreuung bei der Berechnung der Vergütung zu berücksichtigen seien, etwa dann, wenn sich die Betreuerbestellung im Hauptsachverfahren unmittelbar an die vorläufige Betreuung anschließt.

Die Entscheidung des BGH ist ein – eher seltener – Belege dafür, dass sich die Mischkalkulation bei der Festsetzung der Vergütung auch positiv für Berufsbetreuer auswirkt. Sie dürfte auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Anpassung der Vormünder- und Betreuervergütung am 27.07.2019 zur Anwendung kommen, da der Gesetzgeber an einem pauschalierten Vergütungssystem festgehalten hat und den Wortlaut des § 5 Abs. 2 VBVG insoweit nicht geändert hat.