Die Anordnung einer Betreuung erfolgt unabhängig von der Prüfung der Geschäftsfähigkeit oder Geschäftsunfähigkeit einer Person

Der Wortlaut des Gesetzes ist eindeutig: Wenn eine volljährige Person wegen einer psychischen Erkrankung oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten nicht selbst besorgen kann, wird für sie ein Betreuer bestellt. Weitergehend erlaubt § 1903 BGB ausnahmsweise die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für den Betreuten oder sein Vermögen.

Die Geschäftsunfähigkeit ist also weder Voraussetzung für eine Betreuerbestellung noch Folge einer Betreuerbestellung (Klüsener / Rauch, NJW 1993,617). Das ist unstrittig und sollte auch weiterhin trotz allen Reformbestrebungen Minimalkonsens sein.

Besonders deutlich wird der Unterschied zwischen Geschäftsunfähigkeit und der Unfähigkeit zur Besorgung der eigenen Angelegenheiten bei einer schweren körperlichen Behinderung, die in der Regel keine Auswirkungen auf die Geschäftsfähigkeit einer Peron hat. In diesen Fällen eine Betreuerbestellung mit dem Hinweis auf die Geschäftsfähigkeit zu untersagen, wäre zynisch. Denn der Betroffene kann rein faktisch seine Angelegenheiten nicht selbst besorgen, weil er nicht handlungsfähig ist. Der Rechtsbegriff Geschäftsunfähigkeit taugt aber auch aus einem anderen Grund nicht als Voraussetzung für die Bestellung eines Betreuers:

In einer neuen Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 24.01.2018 (Az. XII ZB 141/17) wiederholt der 12. Zivilsenat, dass weder die Geschäftsfähigkeit noch die Geschäftsunfähigkeit Voraussetzung für die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes sein kann. Im Gegenteil: Gerade der Umstand, dass eine Person phasenweise geschäftsunfähig und phasenweise geschäftsfähig ist, kann – wenn die weiteren Voraussetzungen vorliegen – die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes rechtfertigen. Dasselbe muss für die Anordnung einer Betreuung gelten. Würde man die Anordnung einer Betreuung nämlich konsequent an die Geschäftsunfähigkeit einer Person koppeln, wären die Betreuungsgerichte gehalten, unverzüglich Sachverständigengutachten einzuholen, sobald Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Betreute wieder geschäftsfähig ist. Abgesehen von den damit verbundenen Kosten, wird niemand ein solches hin- und her ernsthaft wollen. Bei psychischen und demenziellen Erkrankungen wäre ein mehrfaches Anordnen und Aufheben von Betreuerbestellungen vorprogrammiert.

Es sollte dabei bleiben, den Begriff Geschäftsfähigkeit vor allem zur Überprüfung der materiell-rechtlichen Wirksamkeit von Rechtsgeschäften heranzuziehen. Das ist schon deshalb sinnvoll, weil es bei dieser Prüfung nur um die Frage nach der Geschäftsfähigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt geht und nicht um eine gerichtlich angeordnete Maßnahme, die sich von vornherein über einen gewissen Zeitraum erstrecken soll.