Krankheitsbedingte Boykotthaltung führt nicht automatisch zur Aufhebung der Betreuung

Betreuungsgerichte und Betreuungsbehörden müssen drohender Unbetreubarkeit entgegenwirken

Der 12. Zivilsenat des BGH hat seine Rechtsprechung zur Unbetreubarkeit in einer Entscheidung vom 27.09.2017 (Az.: XII 330/17) weiter präzisiert. Zwar bleibt es dabei, dass im Einzelfall eine Betreuung nicht erforderlich ist, wenn die Verweigerungshaltung des Betreuten dem Betreuer seine Arbeit unmöglich macht. Da das Kriterium der Erforderlichkeit jedoch objektiv zu verstehen ist, kann der Betreute nicht allein durch sein Verhalten bestimmen, ob eine Betreuung aufzuheben ist oder nicht. In diesem Zusammenhang nimmt der BGH auch das Betreuungsgericht in die Pflicht. Insbesondere bei einer krankheitsbedingten Weigerungshaltung des Betreuten verlangt der BGH Zurückhaltung bei der Annahme einer Unbetreubarkeit. Wörtlich heißt es in der Entscheidung:

„Es ist Aufgabe des Betreuungsgerichts, auch bei schwierigen Betroffenenpersönlichkeiten durch den die Betreuung anordnenden Beschluss geeignete Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche rechtliche Betreuung zu schaffen.“

Der Senat weist darauf hin, dass vor der Aufhebung einer Betreuung wegen angeblicher Unbetreubarkeit zu prüfen ist, ob nicht ein anderer Betreuer zur Verfügung steht, der Zugang zu dem Betreuten findet und daher in der Lage ist, eine Änderung der Situation für den Betreuten herbeizuführen.

Die Entscheidung des BGH beinhaltet zwar nichts grundsätzlich Neues. Jedoch ist zu begrüßen, dass der Senat einerseits daran erinnert, dass der Erforderlichkeitsgrundsatz objektiv zu verstehen ist und andererseits bei einem Betreuungsbedarf nicht vorschnell von einer Unbetreubarkeit ausgegangen werden darf. Mittelbar dürfte sich die Entscheidung auch auf die Tätigkeit der Betreuungsbehörden auswirken. Auch sie werden von Amts wegen – insbesondere bei einer krankheitsbedingten Weigerungshaltung – einer sich abzeichnenden Unbetreubarkeit behutsam entgegenzuwirken oder auf einen Betreuerwechsel hinzuwirken haben. Ein zerrüttetes Verhältnis zwischen dem Betreuten und dem Betreuer begründet die Unbetreubarkeit jedenfalls nicht.