Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 23.07.2025 – 322 T 33/25
Das Landgericht Hamburg hat einem Betreuer einen Anspruch auf Erstattung des Verzugsschadens gegen die Staatskasse bei verspäteter Auszahlung der Vergütung zugestanden:
Der Entscheidung lag – abweichend von der Entscheidung des Amtsgerichts Wedding – ein Dauervergütungsbeschluss zugrunde, in dem die Auszahlungsdaten nicht ausdrücklich genannt worden waren. Am 05.11.2024 forderte der Betreuer die Auszahlung der Vergütung für das Quartal vom 08.07.2024 bis 07.10.2024. Daraufhin erfolgte die Auszahlung der Vergütung am 17.12.2024. Am 06.01.2025 forderte der Betreuer die Festsetzung eines Verzugsschadens in Höhe von 40,00 Euro (Pauschale nach § 288 Abs. 5 BGB) und der Verzugszinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz (§ 288 Abs. 1 BGB) für den Zeitraum vom 08.10.2024 bis 17.12.2024.
Für das Quartal vom 08.10.2024 bis 07.01.2025 erfolgte die Auszahlung der Vergütung am 24.02.2025. Deshalb beantragte der Betreuer am 24.03.2025 erneut die Festsetzung eines Verzugsschadens in Höhe der Pauschale (40,00 Euro) und der Verzugszinsen für den Zeitraum vom 08.01.2025 bis 24.02.2025.
In beiden Fällen lehnte das Amtsgericht Hamburg-Bambek die Festsetzung eines Verzugsschadens mit der Begründung ab, dass es sich bei der Rechtsbeziehung zwischen einem Betreuer und der Staatskasse um ein öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis handele und deshalb die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches keine Anwendung fänden. Das Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz (VBVG) habe den Anspruch von Betreuern gegen die Staatskasse abschließend geregelt. Eine Verzinsung sei dort nicht vorgesehen.
Dieser Auffassung ist das Landgericht Hamburg nicht gefolgt und hat den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-Bambek aufgehoben. Es schließt sich damit der Auffassung des Amtsgerichts Wedding an. Grundsätzlich handele es sich bei dem Vergütungsanspruch von Betreuern um zivilrechtliche Ansprüche gegen die betreuten Personen. Dass sich der Anspruch bei Mittellosigkeit der Betreuten zusätzlich gegen die Staatskasse richte, ändere an der Rechtsnatur des Anspruchs nichts. Die §§ 286 ff. BGB seien daher anwendbar.
Dennoch hatte der Betreuer mit seiner Beschwerde nicht in vollem Umfang Erfolg, weil das Gericht die Verzugsvoraussetzungen (§ 286 Abs. 1 BGB) nur im ersten Fall und erst ab dem 06.11.2024 bejahte. Verzug setzt nämlich grundsätzlich die schuldhafte Nichtleistung trotz Fälligkeit und Mahnung voraus. Auf eine Mahnung konnte nach Auffassung des Landgerichts nicht verzichtet werden. Zwar regelt § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB, dass eine Mahnung nicht erforderlich ist, wenn für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist. Das war hier aber nicht der Fall, weil die Auszahlungsdaten in dem Dauervergütungsbeschluss nicht ausdrücklich genannt worden waren. Folglich bedurfte es einer Mahnung, die aber nur mit dem Schreiben vom 05.11.2024 für den ersten Vergütungszeitraum vorlag (08.07.2024 bis 07.10.2024). Der Verzugsschaden ergab sich demnach aus den 40,00 Euro zzgl. eines Verzugszinses in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz (5,14 Euro) für den Zeitraum vom 06.11.2024 (Tag nach der Mahnung) bis zum 17.12.2024 (Tag der Auszahlung der Vergütung). Mangels einer Mahnung lehnte das Gericht einen Verzugsschaden für den Vergütungszeitraum vom 08.10.2024 bis 07.01.2025) ab.
Mit der Frage, wann der Anspruch auf eine Vergütung fällig wird, setzt sich das Landgericht Hamburg nur am Rande auseinander. Es folgt jedenfalls nicht ausdrücklich der unbegründeten Behauptung des Amtsgerichts Hamburg-Bambek, die Vergütung werde mit Erlass des Dauervergütungsbeschusses fällig. Vielmehr stellt das Landgericht fest:
„Der Zahlungsanspruch des Betreuers war am 05.11.2024 auch zur Zahlung fällig, § 15 Abs. 1 Satz 1 und Absatz 2 VBVG“
Mit dieser Formulierung stellt das Landgericht gerade nicht auf den Erlass des Dauervergütungsbeschlusses, sondern auf die Regelung in § 15 VBVG und demzufolge auf den Ablauf des Vergütungszeitraumes ab. Dies entspricht der Regelung der Fälligkeit im BGB (§ 271 Abs. 2 BGB). Folglich ist Betreuern dringend zu raten, die Festsetzung von Verzugsschäden auch dann zu beantragen, wenn kein Dauervergütungsbeschluss vorliegt. In diesen Fällen ist dann jedoch für den Eintritt des Verzuges eine Mahnung erforderlich. Folgende Vorgehensweise ist empfehlenswert:
- Einreichen des Vergütungsantrages bei Gericht nach Ablauf des Vergütungszeitraumes (= Fälligkeit).
- Schriftliche ausdrückliche Mahnung (Der Gesetzgeber hat keine Mahnungsfrist geregelt, jedoch wäre eine Mahnung unmittelbar nach Einreichen des Vergütungsantrages sicher unbillig – empfehlenswert und angemessen wäre m.E. Eine Frist von 3-4 Wochen).
- Da die Verzugszinsen erst nach Zahlung der Vergütung genau berechnet werden können, sollte die Festsetzung des Schadens dann erst nach Eingang der Vergütung auf dem Konto beantragt werden.
Die Rechtsprechung zum Verzugsschaden ist alles andere als gefestigt. Da das Landgericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, ist demnächst mit einer Entscheidung des BGH zu rechnen. Ob dieser der Rechtsansicht des Landgerichts Hamburg folgen wird, ist offen. Die Landgerichte untereinander sich auch nicht an die Rechtsprechung anderer Landgerichte gebunden, sodass es durchaus zu abweichenden landgerichtlichen Entscheidungen kommen kann.