Ein Beitrag zur Erforderlichkeitsstudie des BMJV

Vollmachten und andere Hilfen müssen ebenso gut geeignet sein, die Angelegenheiten des Betreuten zu besorgen, um eine Betreuung ersetzen zu können

In einer seiner letzten Entscheidungen hat der 12. Zivilsenat (Az.: XII ZB 330/17) eine Betreuung für erforderlich gehalten, obwohl der Betreute seiner Mutter zuvor eine Vollmacht erteilt hatte. Grund hierfür war, dass zum einen der Umfang der Vollmacht gar nicht ausreichte, um die Angelegenheiten des Betreuten zu erledigen und sich zum anderen die Mutter gar nicht in der Lage sah, diese Aufgaben zu erfüllen. Lapidar stellt der BGH fest, die Erforderlichkeit einer Betreuung könne nur bei konkreten und geeigneten Alternativen entfallen. Bei einer Vollmacht sei dies nur dann der Fall, wenn der Betreute einer anderen Person das erforderliche Vertrauen entgegenbringe und diese bereit und in der Lage sei, die anfallenden Aufgaben zu übernehmen.

Überträgt man diesen einfachen Gedanken auf die anderen Hilfen, wird es etwas komplizierter. In § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB heißt es dazu, dass diese ebenso gut wie ein Betreuer geeignet sein müssen, die Angelegenheiten des Betreuten zu besorgen.

Vor dem Hintergrund der vom Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz veröffentlichten Studie zur Umsetzung des Erforderlichkeitsgrundsatzes in der betreuungsrechtlichen Praxis wird diese „Eignungsprüfung“ zukünftig in der politischen Diskussion voraussichtlich breiten Raum einnehmen. Ausgangspunkt dieser Eignung wird unter anderem die in der genannten Studie mehrfach erwähnte Personenzentriertheit der Hilfe sein. Es liegt in der Natur des Berufs, dass sich die Hilfestellungen durch Betreuer an den Problemen der ihnen anvertrauten Person orientieren. Für zahlreiche andere Hilfen, die nicht in erste Linie eine Person, sondern das Sachproblem im Blick haben, gilt das nicht.

Mit anderen Worten: Was nützt dem überschuldeten Betreuten die beste Schuldnerberatung, wenn er ins Krankenhaus muss und den Krankentransport nicht allein organisieren kann. Den Überblick über die zu regelnden Angelegenheiten einer Person dürfte in den allermeisten Fällen nur der Betreuer haben. Bei ihm laufen die Fäden zusammen. Andere Hilfen werden häufig nur im Verbund Abhilfe schaffen können und schon deshalb nur selten ebenso gut geeignet sein, die Angelegenheiten des Betreuten zu erledigen. Hinzu kommt, dass letztlich nur ein unabhängiger Betreuer die notwendige Distanz zu Behörden und sonstigen Hilfeträgern aufbauen kann, um auftretende Konflikte im Interesse des Betreuten – wenn nötig auch vor Gericht – auszutragen. Andere Hilfen dürften jedenfalls dann nicht geeignet sein, eine Betreuung zu ersetzen, wenn sie sich auf einen Teilaspekt der Probleme des Betreuten beschränken und / oder die zur Durchsetzung von Rechtsansprüchen erforderliche Auseinandersetzung mit Behörden und sonstigen Leistungsträgern – aus welchen Gründen auch immer – nicht gewährleisten.