Die vom Bundesverband freier Berufsbetreuer eingerichtete Arbeitsgruppe „Datenschutz“ sieht sowohl den sachlichen als auch den räumlichen Anwendungsbereich der Datenschutz – Grundverordnung (EU-DSGVO) bei Berufsbetreuern für gegeben.
Im Rahmen des sachlichen Anwendungsbereiches der Verordnung (Art. 2) ist nicht erkennbar, dass Berufsbetreuer hiervon ausgenommen sind. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines der in Absatz 2 genannten Ausnahmetatbestände sind nicht ersichtlich. Der Verband vertritt die Ansicht, dass auch ehrenamtlich tätige Betreuer, die noch nicht zu Berufsbetreuern bestellt worden sind, vom sachlichen Anwendungsbereich erfasst werden. Auf Grund eines einheitlichen Schutzes für Betreute meinen wir außerdem, dass die Verordnung für sämtliche ehrenamtlich tätigen Betreuer gilt, insbesondere auch dann, wenn – wie in der Regel – eine verwandtschaftliche Beziehung zwischen Betreuer und Betreuten besteht.
Zwar sieht Art. 2 Abs. 2 EU-DSGVO vor, dass bei der Ausübung ausschließlich persönlicher und familiärer Tätigkeiten die Verordnung keine Anwendung findet. Hiervon wird man aber auch bei einer ehrenamtlich geführten Betreuung nicht ausgehen können, da der Tätigkeit eine gerichtlich angeordnete Aufgabenzuweisung zugrunde liegt.
Sobald Berufsbetreuer im Rahmen ihrer Tätigkeit ganz oder teilweise eine automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie die nichtautomatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten in einem Dateisystem speichern oder speichern wollen, werden sie vom sachlichen Anwendungsbereich der EU-DSGVO erfasst. Auch wenn die meisten Berufsbetreuer in diesem Zusammenhang zuerst an das Speichern von Daten auf der Festplatte eines Rechners denken, sind selbstverständlich auch in Papierform abgelegte und aufbewahrte Daten (Aktenordner etc.) vom Anwendungsbereich der Verordnung erfasst.
Personenbezogene Daten sind im Rahmen der Verordnung „alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen – Art. 4 EU-DSGVO. Die Erfüllung der Aufgabenbereiche eines Berufsbetreuers steht in unmittelbaren Zusammenhang mit personenbezogenen Daten und auf Grund der Aktenführung, die bei Berufsbetreuern wohl immer personenbezogen erfolgt, dürfte es sich bei nahezu sämtlichen Daten, die Berufsbetreuer verarbeiten um personenbezogene Daten handeln.
Diese werden auch vom Berufsbetreuer im Rahmen seiner Berufsausübung „verarbeitet“, da „Verarbeitung“ im Sinne der EU-DSGVO jeder mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführter Vorgang im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten darstellt. Sobald personenbezogene Daten erhoben, erfasst, organisiert, geordnet, gespeichert, angepasst oder verändert werden, liegt eine Verarbeitung im Sinne des Art. 4 EU-DSGVO vor.
Die EU-DSGVO bestimmt in Art. 5 die Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten. Um dem darin enthaltenen Transparenzgrundsatz zu genügen, müssen alle Informationen und Mitteilungen zur Verarbeitung personenbezogenen Daten verständlich sowie in klarer und einfacher Sprache abgefasst sein. Für Berufsbetreuer dürften sich im Hinblick auf den Transparenzgrundsatz kaum Probleme ergeben, da Betreuer in der Regel Daten unverändert speichern und auch bei der Weitergabe an Dritte nicht verändern.
Die Verarbeitungszwecke müssen bereits zum Zeitpunkt der Erhebung der personenbezogenen Daten feststehen. Darüber hinaus müssen die erhobenen Daten für die genannten Zwecke angemessen und erheblich sowie auf das notwendige Maß beschränkt sein. Dieser Grundsatz könnte im Rahmen einer Überschreitung der Aufgabenbereiche für Berufsbetreuer relevant werden. Sollte die berufliche Tätigkeit und der damit verbundene Auftrag überschritten werden und personenbezogene Daten angesammelt werden, welche nicht in Zusammenhang mit der Berufsausübung stehen, könnten sich unter Umständen haftungsrechtliche Konsequenzen ergeben. Sollte sich während einer Betreuung abzeichnen, dass Daten, die in keinem Zusammenhang mit einem Aufgabenkreis stehen, zukünftig verarbeitet werden sollen, muss ggf. eine Erweiterung des Aufgabenkreises beim Betreuungsgericht beantragt werden.
Die Frage, ob Daten durch Berufsbetreuer verarbeitet – insbesondere erhoben und gespeichert – werden dürfen, kann nur einzelfallbezogen und eigenverantwortlich beantwortet werden. Das liegt bereits daran, dass sich die Zulässigkeit der Datenverarbeitung auch nach den übertragenen Aufgabenkreisen richtet. Der Verband vertritt allerdings die Ansicht, dass bei Betreuungen – die generell auf eine gewisse Zeitspanne (mindestens 6 Monate, häufig deutlich länger) angelegt ist – Daten bereits dann erhoben und gespeichert werden dürfen, wenn absehbar ist, dass sie für die Erledigung der übertragenen Aufgaben benötigt werden.
Beispiel 1:
Wenn der Aufgabenkreis Vertretung vor Behörden übertragen worden ist und der Betreute nicht über einen Schwerbehindertenausweis verfügt, obwohl Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Schwerbehinderung vorliegen, können bereits zu Beginn der Betreuung ärztliche Atteste und Gutachten erhoben und gespeichert werden, wenn beabsichtigt ist, den Grad der Behinderung bei der zuständigen Behörde feststellen zu lassen. Der Verarbeitungszweck (Antrag auf Feststellung des GdB) steht dann bereits zu Beginn der Betreuung fest, auch wenn der Antrag ggf. erst einige Monate später gestellt werden soll.
Beispiel 2:
Wenn einer Betreuerin nur der Aufgabenkreis Vermögenssorge übertragen worden ist, besteht grundsätzlich kein Grund dafür, ärztliche Atteste oder Gutachten über den Gesundheitszustand des Betreuten zu erheben und zu speichern. Das kann sich aber im Verlauf der Betreuung ändern, wenn beispielsweise der Nachweis der Geschäftsunfähigkeit des Betreuten in einem Prozess erforderlich wird, in dem ein Gläubiger einen Zahlungsanspruch gegen den Betreuten geltend macht.
Die Beispiele sollen verdeutlichen, dass die Entscheidung über das Verarbeiten von Daten ein eigenverantwortliches Handeln des Betreuers verlangt. Schwarz-Weiß-Malerei oder der Wunsch nach Eindeutigkeit helfen da nicht weiter.