Ja, ja die guten alten Achtziger: Sänger mit unglaublich peinlichen Frisuren, Glitzerkostümen und viel zu großen Brillen flimmerten über MTV. Die ZDF-Hitparade war endlich besiegt, Formel 1 und der Synthesizer eroberten die deutschen Hobbykeller und eine von den Bands, die schon fast wieder verschwunden war, bevor man sie wahrgenommen hatte, landete mit Video killed the radio star! einen Riesenhit, darin die Zeile: „We can`t rewind we`ve gone too far”! Wenn die gewusst hätten, was noch alles kommt …! Nix da Video, MP3-Player, Internet, Smartphone, Podcast, Streamen und VPN-Verschlüsselung, da guckste, wa!
Für den Normalbürger alles noch irgendwie zu verkraften, aber was macht das mit einem armen, kleinen Betreuerlein!
Der Stromanbieter von Frau W. schickt mir eine Mail und meint, es wäre doch ganz klasse, dass ich jetzt alles online erledigen könne. Ein paar Klicks und ein Passwort und schon gehört die Zukunft mir. Zwei Minuten später erfahre ich von dem Mobilfunkanbieter von Herrn M., ich könne – gemeint ist müsse – mich jetzt endlich im Kundencenter anmelden. Na klar, da hatte ich ja schon seit Wochen drauf gewartet. Ein bisschen Online-Banking gefällig: SMS-TAN, Chip-TAN oder lieber Photo-TAN Verfahren inklusive Pushfunktion, klingt irgendwie geil. Seit Neuestem darf ich auch eine persönliche Wunsch-PIN wählen. Ich habe schon 40! Das passt doch zum Selbstbestimmungsrecht. Alles kann ich wählen, ob ich will oder nicht. Ich fühle mich so frei. Nur der Dispo, ja der Dispo muss natürlich gekündigt werden, schließlich gibt es ja jetzt einen Betreuer und das ist per se eine Gefahr.
Inzwischen hänge ich in der Warteschleife vom Bürgertelefon. Ich träume schon nachts von der Melodie. Die hätten wenigstens „Video killed the radio star“! auswählen können. Ich finde Betreuer müssten das Recht bekommen, sich Melodien für die Warteschleifen bei den Ämtern zu wünschen. Natürlich bei jedem Amt eine eigene Melodie für jeden Betreuer. Dann hätten die auch mal eine schöne Aufgabe. Endlich komme ich dran und trage artig mein Anliegen vor. Das Telefonat endet ungelogen (!) wie folgt:
Ich: „An wen kann ich mich denn jetzt wenden?“
Antwort: „An Niemanden!“
Ich verwalte jetzt 300 Passwörter, ja, ja ich weiß auch dafür gibt es eine Passwortverwaltungssoftware; aber was ist eigentlich, wenn ich das Alles gar nicht will! Ich liebe Papier, bin etwas verträumt und mag es etwas langsamer, ist besser für die Seele. Vor einer Woche habe ich mir eine neue Brille gekauft. Die Optikerin sagt: „Sie wissen aber schon dass die retro ist.“ Ich antworte: „Ich bin retro!“
Ach so, zurück zu Video killed the radio star! The Buggles hießen die Jungs (bitte unbedingt noch einmal ansehen). Die gesamte Band bedarf dringend rechtlicher Betreuung. Die Kerle dürften auf die 70 zugehen. Von wegen Video! In jeder Cloud wären die Knaben doch hoffnungslos verloren. Ganz zu schweigen von EGVP-Zugängen. Ab ins Heim!
Icke mach jetze ma weiter und hol meine Post aus‘m Briefkasten. Analog fand ich schon immer besser! Da weiß man was man hat und die letzten 10 Jahre ohne Digitalisierung halte ich schon irgendwie durch. Da pfeif ich mir lieber noch mal die 80’er rein: Wie wär`s mit Bronski Beat oder Sweet dreams von Eurythmics!, schon fast vergessen, aber irgendwie poppen ein paar Erinnerungen in meiner Cloud auf. Big in Japan, ich krieg die Dinger einfach aus meinem Kopf nicht raus, nur die Frisuren, die nehm ich euch bis heute übel.
Ähm, don`t you forget about me!