Wann darf für die Beihilfeabrechnung ein externer Dienstleister eingeschaltet werden?
Diese Frage wird seit Jahren in der Betreuerszene kontrovers diskutiert. Die Bandbreite der Stellungnahmen der Gerichte, in der Regel durch deren Rechtspfleger, reicht von Zustimmung: „Das ist doch selbstverständlich, warum fragen Sie überhaupt?“ bis zu rüder Ablehnung mit der Begründung, die Abrechnung (meist verwechselt mit der reinen Antragsstellung) sei ureigenste Aufgabe des Betreuers.
Auch die Auffassung von Prof. Bienwald, ausgeführt in den Rechtspflegerstudienheften (Rpfl.Stud. 2013, Heft 6), gipfelnd in der Formulierung „ … kann für die Abrechnung mit der Beihilfe und/oder der Krankenkasse die Inanspruchnahme eines entsprechenden Dienstleisters unerlässlich sein. … “ findet nicht bei allen Rechtspflegern Zustimmung.
Allerdings gibt es bereits seit 2014 ein ganz klares Urteil in dieser Sache. Mit dem Aktenzeichen Az.: 1 1 K 855/13 führt das Verwaltungsgericht Dresden dazu aus: „ … auch gegen die durch seinen Betreuer … als gesetzlichem Vertreter darüber hinaus erteilte Vollmacht der Medirenta GmbH (bestehen) keine rechtlichen Bedenken.“ Und weiter: „ … ist die Bevollmächtigung der Medirenta GmbH vom 20. August 2012 für die Bearbeitung der Heil- und Pflegekosten u.a. gegenüber der Beihilfestelle rechtlich nicht zu beanstanden. Vielmehr hat der Betreuer durch die Übertragung der Abrechnung von Beihilfeleistungen an die Medirenta, die hierauf seit über 25 Jahren (mittlerweile mehr als 35 Jahre) spezialisiert ist und im Rechtsdienstleistungsregister eingetragen ist, zum Wohl und im Interesse des Klägers gehandelt. Denn durch die Bevollmächtigung ist gewährleistet, dass die Abrechnungen fachgerecht und zeitnah erfolgen. Der Kernbereich der Betreuung wird hierdurch nicht beeinträchtigt, d. h. der Betreuer hat damit nicht die persönliche Betreuung delegiert, sondern lediglich eine überschaubare Verwaltungsaufgabe abgegeben. Es handelt sich vorliegend auch nicht um ein Geschäft, das einem gesetzlichen oder einem vom Amtsgericht Chemnitz ausgesprochenen Genehmigungsvorbehalt unterliegt. Dessen ungeachtet muss der Betreuer den Bevollmächtigten überwachen und haftet für dessen Fehler selbst. Er muss sein Handeln zudem vor dem Betreuungsgericht rechtfertigen. Vor diesem Hintergrund bedurfte es auch nicht der Vorlage einer schriftlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung seitens des Betreuungsgerichts.“
Worum ging es? Das Landesamt für Steuern und Finanzen des Freistaates Sachsen (Beklagte) hatte im Widerspruchsverfahren argumentiert „Der Betreuer des Klägers sei nicht berechtigt gewesen, die Medirenta zur Regelung der Beihilfeangelegenheiten des Klägers zu bevollmächtigen.“
Darüber hinaus hatte die Beklagte ausgeführt, dass die (für den Betreuten durch die Medirenta) geltend gemachten Aufwendungen nicht als beihilfefähig anerkannt werden könnten, da der Beihilfeantrag nicht ordnungsgemäß vom Antragsteller bzw. von dem vom Amtsgericht bestellten Betreuer unterschrieben worden sei.
Hierzu führte das Verwaltungsgericht aus: „Eine Vertretung in Verwaltungsverfahren sei nur dann unzulässig, wenn es auf persönliche Leistungen oder einen persönlichen Eindruck ankomme (z. B. im Prüfungsverfahren oder Vorstellungsgesprächen). Für Beihilfeverfahren seien solche Gründe nicht erkennbar. Das Recht, sich in einem Verwaltungsverfahren eines Beistands zu bedienen, sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts eine wesentliche Folgerung aus dem Rechtsstaatsprinzip und der darin begründeten Prinzipien der
Waffengleichheit sowie der Fairness im Verfahren. Dieses Recht könne nur aus übergeordneten Gründen eingeschränkt werden, und zwar, wenn es erforderlich sei (wie in Prüfungsverfahren). Bei der Stellung von Beihilfeanträgen sei eine solche Notwendigkeit hingegen nicht zu erkennen, auch wenn dort höchstpersönliche Rechte geltend gemacht würden. Der Betreuer müsse diese Aufgabe auch nicht selbst durchführen. Der Betreuer sei im Rahmen der Interessenvertretung seiner Betreuten frei, sich in speziellen Bereichen sachkundiger Dritter zu bedienen. Dies gelte für den gesamten Bereich der freien Berufe. Bei Übertragung des Bereichs der Gesundheitsfürsorge werde schließlich auch nicht verlangt, dass der Betreuer diese Leistungen unmittelbar erbringe. Einer Genehmigung durch das Betreuungsgericht habe es nicht bedurft.“ (Kursive Schrift, Klammern und Fettungen vom Verfasser)
Albrecht Basse
München, April 2020