BVfB fordert parlamentarische Anhörung zur Neuregelung der Zwangsbehandlung

Berufsbetreuern sollen per Eilverfahren neue Pflichten auferlegt werden

„Wir begrüßen, dass das Bundeskabinett am 07.11.2012 einen Vorschlag für die Neuregelung der zivilrechtlichen Unterbringung und Zwangsbehandlung  § 1906 BGB und im FamFG verabschieden will und ein zügiges parlamentarisches Verfahren angestrebt wird . Es ist jedoch nicht hinnehmbar, dass die „Formulierungshilfe“ zum Gesetzentwurf eine unklare Regelung enthält, deren Konsequenzen für Betreuer erheblich sind, das Bundesjustizministerin dazu aber aus Zeitgründen keine Anhörung durchgeführt hat. Wir haben angesichts dieses Versäumnisses den Rechtsausschuss des Bundestages gebeten, eine Anhörung der betroffenen Verbände durchzuführen, erklärte Helge Wittrodt, Vorsitzender des Bundesverbandes freier Berufsbetreuer.

Der Gesetzentwurf zur Zwangsbehandlung enthält in § 1906 Abs. 3 Nr. 2 folgenden Regelungsvorschlag:  „…Widerspricht eine ärztliche Maßnahme nach Absatz 1 Nummer 2 dem natürlichen Willen des Betreuten (ärztliche Zwangsmaßnahme), so kann der Betreuer in sie nur einwilligen, wenn 2. der erhebliche gesundheitliche Schaden durch keine andere zumutbare Maßnahme abgewendet werden kann und wenn der Nutzen der ärztlichen Zwangsmaßnahme die zu erwartenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegt…
Nach der Entwurfsbegründung soll der zweite Teil „Abwägung des Nutzens und der Beeinträchtigung“ Sache des Arztes (des aufnehmenden Klinikarztes oder des Sachverständigen?) sein. Der erste Teil (Feststellung, ob der erhebliche gesundheitliche Schaden durch eine andere zumutbare Maßnahme abgewendet werden kann) wäre jedoch Sache der Betreuer und würde künftig eine zusätzliche Pflicht darstellen.

„Berufsbetreuer müssen künftig genau das örtliche psychiatrische Hilfesystem kennen, unter Zeitdruck alle Angebote prüfen, ihre Verfügbarkeit abfragen und dann abwägen, ob ein verfügbares Hilfeangebot eine geeignete Alternative zu Unterbringung und Zwangsbehandlung darstellen würde. Ohne die Diskussion darüber abzuwarten, wie das lokale Psychiatriehilfesystem dazu beitragen kann, Unterbringungen und Zwangsbehandlungen zu vermeiden, soll nun mit einem Federstrich des Gesetzgebers die Verantwortung für die Vermeidung der Unterbringung weg vom Psychiatriehilfesystem auf die Betreuer verlagert werden. Diese müssen für Fehlentscheidungen möglicherweise sogar persönlich haften“, kritisierte der BVfB-Vorsitzende Wittrodt. Der BVfB hält auch wegen weiteren Regelungs- und Präzisierungsbedarfes in der Formulierungshilfe eine parlamentarische Anhörung für dringend erforderlich.