Niedersachsen will dienstunfähigen Beamten 650 weitere Betreuungsfälle übertragen

Wenig neue Erkenntnisse durch Große Anfrage der SPD-Landtagsfraktion

Die niedersächsische Landesregierung plant keine gesetzliche oder sonstige wesentliche Änderungen im Betreuungswesen des Landes. Aktivitäten sind nur bei der Einsparung von Haushaltsmitten für Betreuungen vorgesehen – durch den Einsatz ausgemusterter Landesbeamter als Betreuer. Dies geht aus der Antwort der Landesregierung auf eine Große Anfrage der SPD-Landtagsfraktion zur Situation des niedersächsischen Betreuungswesens hervor (Landtags-Drucksache 16/3904 vom 22.12.2011).

Bisher führen Beamte des mittleren und gehobenen Dienstes, die früher im Landessozialamt tätig waren, in 21 Vollzeitstellen durchschnittlich 36 Betreuungsfälle. Weitere 18 Vollzeitstellen sollen mit nicht mehr benötigten und dienstunfähigen Beamten des Landesamtes und anderer Landesbehörden besetzt werden. Das Land will damit insgesamt 2,5 Mio. € Betreuervergütungsaufwendungen einsparen. Die Beamten würden intensiv qualifiziert, heißt es in der Antwort der Landesregierung auf die SPD-Anfrage.

Die Umstellung der Betreuungsvereinsförderung auf fallbezogene Pauschalen hat dazu geführt, dass im vergangenen Jahr die Zahl der von den Vereinen neu rekrutierten und die der laufend unterstützten ehrenamtlichen Betreuer erkennbar angestiegen sei, wie die von den Vereinen gemeldeten Zahlen nahelegen.

Für die von den Justizministerien in Bund und Ländern propagierte Strategie der Betreuungsvermeidung fehlt hingegen die Grundlage, nämlich das dafür notwendige zusätzliche Personal bei den örtlichen Betreuungsbehörden. Die von den 16 (der insgesamt 30 niedersächsischen) Kommunen, die Haushaltszahlen geliefert haben, mitgeteilten Ausgaben für die örtlichen Betreuungsbehörden weisen für die Jahre 2000 bis 2010 eine jährliche durchschnittliche Steigerung von 4 % aus, im Jahr 2011 hingegen eine Ausgabensenkung von 8,8 % aus. Dies spricht für einen Personalabbau bei den örtlichen Behörden in Niedersachsen. Weil das örtliche Betreuungswesen aber eine kommunale Selbstverwaltungsaufgabe sei, habe das Land hier keine über die Rechtsaufsicht hinausgehenden Befugnisse, heißt es in der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der SPD-Fraktion.

Im Übrigen geben die Antworten auf die 81 Fragen der Großen Anfrage nur die niedersächsischen bekannten Daten der Justizstatistik und der ISG-Studie zum Betreuungswesen wieder. Die betreuungspolitischen Bewertungen des Bundesjustizministerium werden von Landesjustizminister Busemann zum Teil wörtlich übernommen, so die Ablehnung einer gesetzlichen Regelung von Betreuereignungskriterien und einer fallgruppendifferenzierten Vergütungsstruktur.