Bundesteilhabegesetz Teil 1

„Auswirkungen für Berufsbetreuer“

Aus aktuellem Anlass veröffentlichen wir einen Beitrag zu den Auswirkungen der dritten Reformstufe des Bundesteilhabegesetzes (BTHG), auf die Teilhabe am Arbeitsleben; insbesondere für Betreute, die in Werkstätten der Behinderteneinrichtungen beschäftigt sind.

Aufgrund der Trennung der Fachleistungen von den existenzsichernden Leistungen wird ab dem 01.01.2020 das Mittagessen in Werkstätten neu geregelt. Zukünftig werden die Verpflegungskosten in den Werkstätten und bei vergleichbaren Leistungsanbietern nicht mehr pauschal von der Eingliederungshilfe getragen, da es sich um eine existenzsichernde Leistung handelt. Den Betreuten steht daher ab dem 01.01.2020 ein Anspruch auf Mehrbedarf nach § 42 b Abs. 2 SGB XII zu, wenn das Mittagessen auch tatsächlich in der Werkstatt eingenommen wird. Um Haftungsrisiken zu vermeiden ist es notwendig, dass ein Antrag auf Mehrbedarfszuschlag für Verpflegungskosten beim zuständigen Grundsicherungsamt gestellt wird.

Hintergrund ist, dass bei der gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung zwischen den Kosten des Mittagsessens selbst und den der Eingliederungshilfe zuzuordnenden Fachleistungen der Zubereitung und Bereitstellung des Mittagsessen unterschieden wird.

Die tatsächlichen Kosten der Mittagsverpflegung werden zukünftig den Leistungsberechtigten durch den Leistungserbringer in Rechnung gestellt. Nach unserer Auffassung geht es den Werkstätten vor allem darum, eine Barzahlung vor Ort durch die Beschäftigten zu vermeiden. Dies geschieht entweder dadurch, dass am Ende eines Monats die Rechnung für die Verpflegung an den Betreuer weitergeleitet wird oder ein Angebot zum Abschluss eines Abtretungsvertrages erfolgt. Durch die Abtretung soll erreicht werden, dass die Werkstatt (Leistungserbringer) auch weiterhin mit dem Leistungsträger abrechnen kann. Der BVfB vertritt die Auffassung, dass mit einer Abtretung des Anspruchs durch den Betreuten an die Einrichtung der Eingliederungshilfe der Zweck des Bundesteilhabegesetzes konterkariert würde. Denn das Selbstbestimmungsrecht des Betreuten würde dadurch unterlaufen. Probleme sind zu erwarten, wenn Betreute vor dem Betreuer Zugriff auf den Mehrbedarf haben und diesen nicht zweckentsprechend verwenden. Diese Problematik ist vor allem bei Suchterkrankungen zu erwarten. Im Hinblick auf das Recht zur Selbstbestimmung wird ein Eingreifen des Betreuers in diesen Fällen jedoch nur bei einer Existenzgefährdung für den Betreuten zulässig sein.

Schließlich ist uns der Hinweis wichtig, dass der zu bewilligende Mehrbedarf pro Arbeitstag berechnet wird. Insoweit ist zu erwarten, dass in der Praxis Pauschalbeträge angesetzt werden, die sich nach den Angaben des Betreuers bzw. der betreuten Person zu Beginn eines Monats richten (Mitteilung, an wie vielen Tagen in der Woche das Mittagessen eingenommen wird). Diese Angaben sollen nach unserem Kenntnisstand nur ausnahmsweise nachträglich überprüft werden können, nämlich nur, wenn der Betreuer oder die betreute Person dies beantragen.