Anfechtung einer leichtsinnigen Erbausschlagung

Das Gesetz bietet grundsätzlich unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, eine Erbausschlagung wegen Irrtums z. B. über die Werthaltigkeit eines Nachlasses anzufechten, um auf diesem Weg wieder Erbe zu werden (§§ 119 Abs. 2, 1954, 1955, 1945 BGB).

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte im Jahre 2008 den Fall zu entscheiden, in dem sich ein Erbe letztendlich anhand von Mutmaßungen dazu entschieden hatte, die Erbschaft auszuschlagen. Vor Abgabe der wirksamen Ausschlagungserklärung hatte dieser Erbe aus dem Familienkreis lediglich vage Äußerungen vernommen, wonach der Nachlass wohl nicht besonders werthaltig sei bzw. keine besonderen Wertgegenstände beinhalte, vielmehr der Nachlass wohl eher verschuldet sei. Im Zusammenhang mit dem Erbfall hatte der Erbe auch erfahren, dass sich auf dem Girokonto der Erblasser wohl ein größerer, nicht bezifferter Geldbetrag befände. Der Erbe schätzte diesen Geldbetrag jedoch vor dem Hintergrund seiner übrigen ungenauen und groben Kenntnisse als eher gering ein. Er hatte vielmehr den Eindruck, dass der Nachlass letztendlich kaum werthaltig sein dürfte und im Übrigen der Antritt der Erbschaft für ihn nur Schwierigkeiten und Mühe mit sich bringen würde.

Nach der wirksamen Ausschlagung der Erbschaft erfuhr er jedoch von einem bestellten Nachlasspfleger, dass letztendlich unter Berücksichtigung sämtlicher Aktiva und Passiva der Nachlass einen Überschuss in Höhe von ca. 20.000 EUR haben würde. Auch erfuhr er von dem Nachlasspfleger, dass dieser die gesamte Abwicklung des Nachlasses übernehmen werde.
Danach focht der Erbe seine wirksame Erbausschlagung wegen Irrtums an.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat nun auch in Anlehnung an sonstige höchstrichterliche Rechtsprechungen entschieden, dass ein Erbe, der sich ohne eine vernünftige und einigermaßen nachvollziehbare und verlässliche Informationsbasis für eine Ausschlagung entscheidet, sich später nicht auf einen Irrtum des Inhalts berufen kann, dass er fehlerhaft von einer Überschuldung des Nachlasses ausgegangen sei. Er habe seine Entscheidung, auszuschlagen, nicht auf einer verlässlichen Tatsachengrundlage getroffen, sondern lediglich aufgrund von Spekulationen. Damit kann aber logisch nicht von einem Irrtum hinsichtlich einer Überschuldung des Nachlasses ausgegangen werden. Er hat sich eben nicht von der Annahme einer Verschuldung leiten lassen, sondern von Spekulationen und nicht belastbaren Tatsachen. Wenn er also im besten Fall davon ausgegangen ist, dass der Nachlass wohl wahrscheinlich überschuldet sei, schließt diese Überlegung eben auch die, wenn auch aus Sicht des Erben unwahrscheinliche Variante mit ein, dass der Nachlass eben doch nicht überschuldet ist. Der Erbe hat also bei seiner Überlegung zur Frage der Ausschlagung letztendlich sogar einkalkuliert, dass sich herausstellen könnte, dass der Nachlass gar nicht überschuldet ist. Daher kann er eben, wie gesagt, nicht Opfer eines diesbezüglichen Irrtums gewesen sein.

Fazit: Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf zeigt, dass neben anderen Gründen eine Entscheidung über die Ausschlagung einer Erbschaft gewissenhaft und nach Einholung möglichst umfangreicher, verlässlicher Informationen getroffen werden soll. Erst dann kann sich die Möglichkeit eröffnen, diese Ausschlagung später wegen Irrtums wirksam anzufechten und wieder Erbe zu werden.

Ein Beitrag von RA Arno Wolf, Fachanwalt für Erbrecht, Tel. (0351) 80 71 8-80, wolf@dresdner-fachanwaelte.de

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