Es bleibt bei der Absetzbarkeit von 1.250 € für Berufsbetreuer

Bundesfinanzministerium veröffentlicht Anwendungserlass zum häuslichen Arbeitszimmer

Die einkommensteuerrechtliche Behandlung von Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer hat das Bundesministerium der Finanzen in einem Anwendungserlass für die Finanzämter geregelt (Schreiben v. 02.03.2011 – IV C 6 – S 2145/07/10002). Anlass war die durch das Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 6. Juli 2010 (2 BvL 13/09) angeordnete Neuregelung von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Einkommensteuergesetz, mit der der Gesetzgeber die Abzugsfähigkeit der Kosten rückwirkend ab 2007 wiederherstellte.

Für das häusliche Arbeitszimmer (die Kosten für das angemietete Büro sind in voller Höhe als Betriebsausgaben abziehbar) gibt es weiterhin zwei Varianten der steuerlichen Absetzbarkeit:

  • Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, sind die Aufwendungen bis zur Höhe von 1.250 Euro je Wirtschaftsjahr oder Kalenderjahr als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 und 3 HS. 1 EStG).
  • Bildet das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, dürfen die Aufwendungen sogar in voller Höhe steuerlich berücksichtigt werden (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 HS. 2 EStG).

Zu den abziehbaren Kosten gehören die anteiligen Aufwendungen für Miete, Energie und Ausstattung sowie – bei Eigentum – für Gebäudeabschreibung (AfA) und Schuldzinsen.

Übt ein Steuerpflichtiger mehrere betriebliche oder berufliche Tätigkeiten nebeneinander aus, ist für jede Tätigkeit zu prüfen, ob ein anderer Arbeitslatz zur Verfügung steht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein für eine Tätigkeit zur Verfügung stehender Arbeitsplatz auch für andere Tätigkeiten genutzt werden kann. Allerdings kann – so auch die bisherige Rechtsprechung – der Betrag von 1.250 Euro nur einmal in Anspruch genommen werden

Nutzen mehrere Personen, z.B. Eheleute, in der gemeinsamen Wohnung auch ein Arbeitszimmer gemeinsam und steht beiden Nutzenden jeweils dem Grunde nach nur ein Abzug in beschränkter Höhe zu, ist nach Auffassung des BMF wegen der sog. objektbezogenen Beurteilung der Höchstbetrag auf den jeweiligen Nutzenden nach seinem Nutzungsanteil aufzuteilen. Der Höchstbetrag ist nur einmal zu gewähren.

Diese Absetzungsmöglichkeit dürfte die für Berufsbetreuer einzig verfügbare sein. Der unbeschränkte Abzug kommt in Betracht, wenn das häusliche Arbeitszimmer der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung ist. Das ist dann der Fall, wenn nach Würdigung des Gesamtbildes der Verhältnisse und der Tätigkeitsmerkmale dort diejenigen Handlungen vorgenommen und Leistungen erbracht werden, die für die konkret ausgeübte betriebliche oder berufliche Tätigkeit wesentlich und prägend sind. Der Tätigkeitsmittelpunkt bestimmt sich nach dem inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen. Dem zeitlichen (quantitativen) Umfang der Nutzung des Arbeitszimmers kommt nur eine indizielle Bedeutung zu; das zeitliche Überwiegen der außerhäuslichen Tätigkeit schließt einen unbeschränkten Abzug der Aufwendungen nicht von vornherein aus (BFH, Urt. v. 13.11.2002 – VI R 82/01 – BStBl II 2004, 62; BFH, Urt. v. 13.11.2003 – VI R 104/01 – BStBl II 2004, 65). Das häusliche Arbeitszimmer und der Außendienst können nicht gleichermaßen „Mittelpunkt“ der beruflichen Betätigung eines Steuerpflichtigen sein (BFH, Urt. v. 21.02.2003 – VI R 14/02 – BStBl II 2004, 68).

Für Berufsbetreuer hat die Finanzgerichtsbarkeit entschieden, dass der Außendienst und nicht das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der beruflichen Betätigung darstellt. Das Finanzgericht Köln hatte mit Urteil vom 04.03.2008 (3 K 3980/05) anhand des Grundsatzes der persönlichen Betreuung entschieden, dass das häusliche Arbeitszimmer bei einem Berufsbetreuer qualitativ nicht den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit darstellt, selbst wenn der Berufsbetreuer vorträgt, dass die Aktivitäten am häuslichen Arbeitsplatz zur Umsetzung der Betreueraufgaben in zeitlicher Hinsicht zwei Drittel des Gesamtaufwandes ausmachen. Diese Entscheidung wurde vom Bundesfinanzhof durch Abweisung der Revision bestätigt (Beschluss vom 12.11.2008, X B 112/08).

Ein häusliches Arbeitszimmer ist ein Raum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer bzw. organisatorischer Arbeiten dient (BFH, Urt. v. 19.09. 2002 – VI R 70/01 – BStBl II 2003, 139). Nach bisheriger Rechtsprechung ist weitere Voraussetzung, dass das Zimmer ausschließlich oder so gut wie ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt wird (BFH, Urt. v. 29.11.2006 – VI R 3/04 – BStBl II 2007, 308). Daran hält auch das BMF fest; nur bei einer ausschließlich oder so gut wie ausschließlich beruflichen Nutzung des Arbeitszimmers komme ein vollständiger oder begrenzter Werbungskostenabzug in Frage.

Kritik daran übt Winfried Bergkemper, Richter am Bundesfinanzhof. Nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21.09.2009 (GrS 1/06 – BStBl II 2010, 672) zum sog. Aufteilungs- und Abzugsverbot könne am Kriterium der ausschließlichen beruflichen Nutzung nicht mehr festgehalten werden. Vielmehr sei bei einem gemischt genutzten Arbeitszimmer nach den vom Großen Senat des BFH formulierten Grundsätzen eine Aufteilung der Kosten und ein anteiliger Kostenabzug in Betracht zu ziehen.