Anwaltskammeraufsicht für Betreuertätigkeit nicht ausreichend
Die trotz der Gewerbesteuerfreiheit für Berufsbetreuer fortbestehende Gewerbeanzeigepflicht gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Gewerbeordnung gilt auch für Rechtsanwälte, die berufsmäßig Betreuungen führen. Dies hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein Westfalen in einem Urteil vom 20. Dezember 2011 (4 A 812/09) festgestellt.
Die gewerberechtliche Gleichstellung der anwaltlichen mit den nichtanwaltlichen Berufsbetreuern wird mit der klaren Unterscheidbarkeit von Betreuertätigkeit und Anwaltstätigkeit begründet. Jeder kann Berufsbetreuer sein und benötigt dazu keinerlei Qualifikation, gibt das OVG die sog. „herrschende Meinung“ über Berufsbetreuer wider: „…Nach § 1897 Abs. 1 BGB muss der Betreuer lediglich geeignet sein, in dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis
die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und diesen in dem hierfür erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen. Die Anwendung wissenschaftlicher Methoden und eine besondere, durch Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erworbene Befähigung erfordert das Gesetz nicht. Das wird dadurch bestätigt, dass die Betreuertätigkeit nach § 1897 Abs. 6 BGB vorrangig als Ehrenamt ausgestaltet ist. Sie wird daher in erster Linie von nicht speziell dazu ausgebildeten Personen, etwa von Angehörigen, vorgenommen. Für Berufsbetreuer bestehen keine weitergehenden Anforderungen…“
Demgegenüber könne der anwaltliche Berufsbetreuer für spezifisch anwaltliche Tätigkeiten für betreute Klienten, die besondere rechtliche Fähigkeiten erforderten, Aufwendungsersatz in Form eines Honorars nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz beanspruchen, so das OVG Nordrhein-Westfalen. Damit unterscheide sich der anwaltliche vom nichtanwaltlichen Berufsbetreuer.
Für die Notwendigkeit, anwaltliche Berufsbetreuer doppelt überwachen zu müssen, nämlich durch die Rechtsanwaltskammer und die Gewerbeaufsicht, führt das OVG eine Art Risikotheorie an, wonach die Gewerbeaufsicht weitergehender sein müsse als die berufsständische Aufsicht durch die Kammer. So liege bei der Nichterfüllung steuerlicher Erklärungspflichten und der Begehung von einschlägigen Straftaten auch bei Verurteilungen zu Freiheitsstrafen unter einem Jahr gewerberechtliche Unzuverlässigkeit, aber noch kein Widerrufsgrund für die Anwaltszulassung vor. Offenbar meint das OVG, wenn ein Anwalt oder eine Anwältin eine so niedrig qualifizierte Tätigkeit wie die der Berufsbetreuung ausübe, gerate er oder sie eher in Versuchung, bestimmte Pflichten zu verletzen, die bei reiner Anwaltstätigkeit sonst nicht verletzt würden und daher Gegenstand der gewerberechtlichen Überwachung sein müssten.