Pauschalierte Psychiatrieentgelte werden Krankenversorgung massiv verschlechtern

BVfB unterstützt Kampagne „Weg mit PEPP“

Die von der Bundesregierung geplante Einführung pauschalierter Entgelte in psychiatrischen Kliniken würde wie die DRGs in anderen Krankenhäusern zu einer Verkürzung der Liegezeiten und wegen des individuellen Verlaufes psychischer Krankheiten zu einer schlechteren Patientenversorgung führen. Deshalb haben der Paritätische Wohlfahrtsverband und die Gewerkschaft ver.di die Kampagne „Weg mit PEPP“ gestartet, mit der die Ökonomisierung der Psychiatrie noch verhindert werden soll. Auch der Bundesverband freier Berufsbetreuer e.V. hat den Aufruf unterzeichnet.

Die Initiatoren des Aufrufs werfen dem Bundesgesundheitsminister vor, die Berechnung der Liegezeiten manipuliert zu haben. Berufsbetreuern wird es bekannt vorkommen, dass der größte Anteil des Personalaufwands für Patienten mit schweren akuten Erkrankungen (in den Kliniken die krankenpflegerische Behandlung rund um die Uhr) gar nicht gemessen wurde und in die Berechnungen überhaupt nicht eingegangen ist.

Die Tagesentgelte wurden nicht individuell und aufwandsbezogen ermittelt, sondern  im Zeitablauf der Behandlung massiv abgesenkt („Degression“). Damit kann bei schweren psychischen Erkrankungen am Ende einer stationären Behandlung der größere Zeitaufwand nicht mehr finanziert werden, der dadurch entsteht, dass die Entlassung vorbereitet und die ambulante Betreuung sichergestellt werden muss.

Wenn aufwändige Therapiemöglichkeiten und personalintensive Begleitungen und Gespräche immer weniger angeboten werden können, befürchten die Initiatoren von „Weg mit PEPP“ eine vermehrte Medikalisierung, insbesondere in Form medikamentöser Ruhigstellung und häufigeren Aufenthalten in geschlossenen Stationen.
Wenn noch behandlungsbedürftige Patientinnen und Patienten zu früh entlassen werden und bald darauf (oftmals dann als Notfall) wieder aufgenommen werden müssen, entsteht ein erheblicher Drehtüreffekt. Die zu früh Entlassenen treffen auf ein überfordertes ambulantes gemeindepsychiatrischen System und eine auf dem Land immer geringere Psychiaterdichte.

Dies ist ein Grund für den Bundesverband freier Berufsbetreuer, den Aufruf gegen die Einführung pauschalierter Psychiatrieentgelte zu unterstützen. „Die heute schon häufig zu kurzen stationären Behandlungen und die mit den Betreuern häufig nicht abgesprochenen, zu frühen Entlassungen würden mit der Pauschalierung massiv zunehmen“, warnt der 1. Vorsitzende des BVfB, Walter Klitschka. Berufsbetreuer müssen nicht nur mit steigendem Aufwand ambulante Arzttermine absichern, sondern auch häufiger und aufwändiger Kriseninterventionen leisten, wenn psychisch kranke Menschen aus der Versorgung herausfallen, so Klitschka. „Die Situation im psychiatrischen Hilfesystem macht eine nach Fallschwierigkeiten differenzierte Vergütung dringend erforderlich.“

Die Betreuer werden mit den Folgen konfrontiert und müssen diese ohne Anpassung der Zeitlimits kompensieren.