Keine vollständige Einsicht in die Betreuungsakte durch die Staatsanwaltschaft

Kenntnis des Betreuerberichts zur Schuldfähigkeitsfeststellung nicht erforderlich

Der zulässige Umfang der Einsichtnahme in die Betreuungsakte durch die Staatsanwaltschaft in einem Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen ergibt sich aus dem konkreten Beweiszweck. Daher wird eine Einsicht in die gesamte beim Betreuungsgericht geführte Akte in der Regel nicht in Betracht kommen. Für die Feststellung der Schuldfähigkeit ist jedenfalls die Kenntnis der Betreuerberichte nicht erforderlich, entschied das Oberlandesgericht Köln am 2.12.2013 (7 VA 2/13).

Im entschiedenen Fall hatte die Berufsbetreuerin, die auch Verteidigerin im Strafverfahren gegen die Betroffenen war, zu deren psychischer Krankheit vorgetragen.

Daraufhin betrieb die Staatsanwaltschaft die Klärung der Schuldfähigkeit der Betroffenen und wollte dazu die gesamte Betreuerakte einsehen. Die Berufsbetreuerin stimmte nur der Einsicht in zwei ärztliche Gutachten/Atteste zu und legte gegen die Einsichtnahme in die anderen Aktenbestandteile  erfolgreich Beschwerde gem. Art 23 EGGVG ein.

Einer Behörde, die nicht an einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach FamFG beteiligt ist, kann Akteneinsicht nur gestattet werden, soweit sie ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht und schutzwürdige Interessen eines Beteiligten oder eines Dritten nicht entgegenstehen oder die Beteiligten einverstanden sind.

Weil eine Betreuungsakte höchstpersönliche Daten über die persönlichen Lebensumstände des betroffenen Betreuten enthalte, sei sie grundsätzlich der Kenntnisnahme durch am Verfahren nicht beteiligte Dritte entzogen, so das OLG Köln. Die schutzwürdigen Belange einer betreuten Person träten allerdings gegenüber dem Allgemeininteresse an der Beweisführung in einem Gerichtsverfahren zurück. Unabhängig von der erteilten Einwilligung durch die Betreuerin bestehe ein überwiegendes Allgemeininteresse an der Akteneinsicht, um die Frage der Schuldfähigkeit des Betreuten abzuklären. Zur Klärung der Beweisfrage sei die Einsicht in die ärztlichen Unterlagen ausreichend, andere Aktenbestandteile wie die Betreuerberichte müssten dazu nicht eingesehen werden, stellte das OLG Köln fest.