Berufsbetreuer haften bei entsprechender Vorsorge nicht für unvorhersehbaren Tod des Betroffenen

Landgericht Potsdam: keine strafrechtliche Garantenpflicht für Leib und Leben Betreuer sind anders als Ärzte, Pflegekräfte oder Jugendamtsmitarbeiter keine Garanten für das Leben und die körperliche Unversehrtheit ihrer Klienten im Sinne des § 13 StGB. Wenn Berufsbetreuer zumutbare Vorkehrungen treffen, haften sie nicht für unvorhersehbare Schäden an Leib und Leben ihrer Klienten während ihrer Urlaubszeit. Das Landgericht Potsdam (Urteil vom 11.02.2016, 27 Ns 89/15) sprach eine anwaltliche Berufsbetreuerin vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung gem. § 222 StGB frei, deren Klientin mehrere Tage hilflos in ihrer Wohnung lag und später an den Folgen eines schweren Dekubitus verstarb.

Eine vorzeitig demenzerkrankte Frau lebte nach einer Unterbringung wegen Selbstgefährdung wieder in ihrer eigenen Wohnung. Ein Pflegedienst war beauftragt, u.a. die Medikamenteneinnahme zu überwachen. Arzt, Betreuerin und Pflegedienstleitung waren übereinstimmend der Auffassung, sie sei zwar vergesslich, könne sich aber selbst versorgen und ein eigenständiges Leben führen. Pflegedienstmitarbeiter erhielten über einen Zeitraum von vier Tagen keinen Zutritt zur Wohnung. Die im Urlaub erreichbare Berufsbetreuerin wurde am ersten Tag der erfolglosen Kontaktaufnahme mit der Betroffenen vom Pflegedienst telefonisch informiert, danach nicht mehr. Am fünften Tag veranlasste der behandelnde Arzt eine Wohnungsöffnung, woraufhin die hilflose Betroffene am Boden liegend vorgefunden wurde. Eine körperliche Ursache, warum sie mehrere Tage am Boden lag, konnte nicht ermittelt werden. Das LG Potsdam hielt die Berufsbetreuerin im Gegensatz zur Pflegedienstleitung nicht für verantwortlich für den Tod der Betroffenen.

Die Überwachung der Medikation oder die Durchführung medizinischer Maßnahmen gegen den Willen des Betreuten gehörten nicht zu den originären Aufgaben des Betreuers. Zwar müssten Betreuer bei Anhaltspunkten für eine Vernachlässigung oder medizinische Unterversorgung einschreiten, wenn das Wohl des Betreuten gefährdet sei. Sie dürften jedoch davon ausgehen, dass die beteiligten, dem Betreuten vertraglich verpflichteten Ärzte und Pfleger ihre Aufgaben erfüllten, wenn die Versorgung ordnungsgemäß organisiert sei, so die Potsdamer Strafkammer. Die angeklagte Betreuerin habe keinen Anlass gehabt, kontrollierend jeden Schritt des Pflegedienstes zu überwachen. Weil Betreuer ohne gerichtliche Genehmigung gegen den Willen der Betroffenen weder deren Wohnung betreten noch diese gegen ihren Willen einer medizinischen Behandlung zuführen dürften, sei die angeklagte Betreuerin auch nicht verpflichtet gewesen, einen Wohnungsschlüssel der Betreuten zu beschaffen und dem Pflegedienst zu übergeben.