Bundessozialgericht: Leistungskürzungen bei Verstoß gegen ausländerrechtliche Pflichten zulässig
Berufsbetreuer von betreuungsbedürftigen Asylbewerbern sind verpflichtet, bei Vorliegen des entsprechenden Aufgabenkreises (Vertretung gegenüber von Behörden u.a.) bei der Passbeschaffung mitzuwirken, auch wenn diese erfolglos bleiben sollte und/oder die Abschiebung der betreuten Person nach sich zieht.
Für den Fall der Nichtmitwirkung an der Passbeschaffung hat das BSG hat mit Urteil vom 12. Mai 2017 – B 7 AY 1/16 R – die in § 1 a Abs. 2 Asylbewerberleistungsgesetz normierte Kürzung von Asylbewerberleistungen auf das „unabweisbar Gebotene“ für verfassungsrechtlich unbedenklich erklärt.
Im entschiedenen Fall weigerte sich ein ausreisepflichtiger Asylbewerber bei der Beschaffung von Passpapieren mitzuwirken. Trotz mehrfacher Aufforderung und Vorführung des ausreisepflichtigen Asylbewerbers bei der zuständigen Botschaft verweigerte dieser die aktive Mitwirkung zur Beschaffung der Passpapiere, obwohl er hierzu ausländerrechtlich verpflichtet war. Daraufhin wurden die Leistungen des Geduldeten auf Sachleistungen für Unterkunft, Kleidung, Hygiene und Essen beschränkt und keine Barleistungen für den persönlichen Bedarf ausgezahlt.
Der Leistungsträger begründete die Kürzung der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz mit der fehlenden aktiven Mitwirkung des ausreisepflichtigen Asylbewerbers an der Passbeschaffung zur Beendigung seines Aufenthaltes im Inland.
Der 7. Senat des Bundessozialgerichts entschied, dass das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums durch die Regelung des § 1 a Abs. 2 Asylbewerberleistungsgesetz nicht verletzt ist. Der Gesetzgeber sei berechtigt, die uneingeschränkte Gewährung existenzsichernder Leistungen an die Einhaltung gesetzlicher – im vorliegenden Fall ausländerrechtlicher – Mitwirkungspflichten zu knüpfen. Bei einer bestehenden Ausreisepflicht sei die Verknüpfung des Leistungsrechts mit dem Ausländerrecht verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Betreuer von ausreisepflichtigen Asylbewerbern, die selbst nicht in der Lage sind, an der Passbeschaffung mitwirken, sind somit verpflichtet, bei den notwendigen Mitwirkungshandlungen zu vertreten, um haftungsrechtliche Konsequenzen zu vermeiden.