BVfB: Ziel der Betreuungsvermeidung ist zu begrüßen, solange unabhängige Richter jeden Fall prüfen

Verband nimmt Stellung zum Entwurf eines 4. Betreuungsrechtsänderungsgesetzes

Der Bundesverband freier Berufsbetreuer e.V. begrüßt die Absicht des Justizministeriums, mit der Einführung eines obligatorischen Sozialberichts in einem „Gesetz zur Stärkung der Funktionen der Betreuungsbehörde“ die Qualität des Prozesses der Prüfung der Betreuungsbedürftigkeit zu verbessern und damit möglicherweise Betreuungen zu vermeiden. Der BVfB wende sich auch nicht grundsätzlich gegen die gesetzgeberische Absicht der Betreuungsvermeidung; auch die Berufsverbände hätten ein Interesse daran, dass das Betreuungswesen funktionsfähig und finanzierbar bleibe.

Es sei zu wünschen, dass alle Betreuungsbehörden einen qualifizierten Sozialbericht in jedem Verfahren einer Betreuungsanregung erstellten. Entscheidend sei nach Auffassung des BVfB, dass die Betreuungsrichter auch weiterhin jeden Fall einer möglichen Betreuungsbedürftigkeit prüften und der Gesetzentwurf den Vorschlag des Deutschen Vereins, die Behörden zur Eingangsinstanz im Betreuungswesen zu machen, nicht aufgegriffen habe. Einsparungen seien nicht zu erwarten, weil professionell zu erbringende betreuungsvermeidende „andere Hilfen“ nicht im notwendigen Maß zur Verfügung stünden.

Der Bundesverband freier Berufsbetreuer befürchtet allerdings, dass die Betreuungsbehörden auch künftig nicht flächendeckend die notwendige Personalausstattung erhielten, um die Sozialberichte zu erstellen. Es sei verfassungsrechtlich und ökonomisch falsch, es in das Belieben der Kommunen zu stellen, ob sie die Sozialberichte tatsächlich vorlegen wollten. Vielmehr sollten ausdrücklich die Länder zu betreuungsvermeidenden Maßnahmen verpflichtet werden, weil nur diese ein finanzielles Interesse daran hätten.

Der BVfB weist auch auf die Folgen einer erfolgreichen Betreuungsvermeidungsstrategie hin: wenn in „leichten Fälle“ künftig seltener Betreuungen bestellt würden, konzentrierten sich bei den Berufsbetreuern die schwierigeren Fälle. Damit werde die bisher vom Bundesjustizministerium aufrecht erhaltene Fiktion unhaltbar, jedermann könne Berufsbetreuer werden, ohne dafür eine konkrete Qualifikation vorweisen zu müssen. Vielmehr bedürfe es einer konkreten gesetzlichen Regelung von Betreuereignungskriterien, d.h. Qualifikationsvoraussetzungen für die Zulassung zur Berufsbetreuung.

Eine solche Entwicklung mache auch das dem Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz (VBVG) zugrunde liegende Konzept der Mischkalkulation gegenstandslos. Es müsse vielmehr durch eine nach Fallschwierigkeiten differenzierte Betreuervergütung ersetzt werden, fordert der Bundesverband freier Berufsbetreuer.
Stellungnahme des BVfB