Brunhilde Ackermann skeptisch zur Durchsetzbarkeit des Infrastrukturausbaus im Betreuungswesen
Wenn es zu einer gesetzlichen Stärkung der Rolle der Betreuungsbehörden im Betreuerbestellungsverfahren kommen soll, ist völlig unklar, ob die dazu erforderliche Personalausstattung bereitgestellt wird, weil es nicht einmal einheitliche Bedarfsbemessungskriterien für kommunale Betreuungsbehörden gibt. Diese Befürchtung äußert Brunhilde Ackermann, Leiterin der Betreuungsbehörde der Stadt Kassel und stellvertretende Vorsitzende des Vormundschaftsgerichtstages e.V. in einem Beitrag „Einfluss der Betreuungsbehörde auf die Qualität in der Betreuung“ für die „Zeitschrift für Sozial- und Betreuungsrecht“, der auf ihrem Referat beim 1. Bayerischen Betreuungsgerichtstag am 23.7. 2010 in München beruht.
Frau Ackermann beschreibt in ihrem Beitrag drei Elemente einer betreuungsbehördlichen Qualitätsstrategie im Betreuungswesen:
1. Abbau von Unsicherheiten und Ängsten in der Bevölkerung durch den Ausbau der Beratungsinfrastruktur und Informationsveranstaltungen zum Betreuungsrecht.
2. Vermeidung von Betreuungen durch Aufzeigen anderer Hilfen im Rahmen der Vorermittlungen und Aufklärung über vorsorgende Verfügungen, Angebot von Einzelberatungen
3. Fortschreibung und Sicherung der Betreuungsqualität durch Entwicklung von Standards und Anforderungsprofilen, der Gewinnung von geeigneten ehrenamtlichen und beruflichen Betreuern, der qualifizierten Einführung und Fortbildung von Betreuern, der Einzelberatung und Unterstützung von Betreuern und Bevollmächtigten, der Wahrnehmung der Steuerungsfunktion im interdisziplinären örtlichen Betreuungswesen und der überregionalen Zusammenarbeit zur Entwicklung von Standards und Leitlinien.
Unscharfe normative Grundlagen über die Standards der Arbeit erschwerten jedoch die Darstellung und Durchsetzung einer adäquaten Ausstattung der Betreuungsbehörden. Die personelle und sächliche Ausstattung und die Schwerpunktsetzung in der Aufgabenwahrnehmung gingen daher bundesweit in Qualität und Quantität weit auseinander, so Frau Ackermann in Ihrem BtSRZ-Beitrag. Sie befürchtet, dass die mit neuen Aufgaben und der Einforderung von Standards verbundene Frage der Finanzierung der Mehrbelastung der Kommunen offen sei. Die Kommunalen Spitzenverbände würden sich vehement dagegen wehren, dass zusätzliche Ausgaben für eine betreuungsvermeidende Infrastruktur von den Kommunen getragen werden, aber den Ländern zugutekommen kommen sollten, prognostiziert Frau Ackermann.
In dem BtSRZ-Beitrag berichtet Brunhilde Ackermann außerdem eingehend über den Verlauf der Beratungen in den Sitzungen der Interdisziplinären Arbeitsgruppe beim Bundesministerium der Justiz zur Verbesserung des Betreuungsrechts.