Keine gesetzgeberischen Aktivitäten, nur Rechtstatsachenforschung

Bundesregierung plant im Betreuungswesen keine konkreten Veränderungen

Veränderungen der Gesetzeslage im Betreuungswesen aus Anlass der UNO-Konvention über die Rechte behinderter Menschen plant die Bundesregierung nicht, wie aus der Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur „Personenzentrierten und ganzheitlichen Reform des Betreuungsrechts“ (BT-Drs. 17/5323) sowie aus dem Referentenentwurf des Nationalen Aktionsplans der Bundesregierung zur Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen im Kapitel 3.11 „Persönlichkeitsrechte“ hervorgeht. Für die Umsetzung der Vorschläge der interdisziplinären Arbeitsgruppe zur Strukturreform im Betreuungswesen,  und eine mögliche neue Rechtstatsachenforschung existiere derzeit kein Zeitplan.

So wird im Bundesministerium der Justiz derzeit „erwogen“, ob in einer Studie etwaige Hemmnisse bei der Vermeidung von Betreuungen zum Wohle der Betroffenen untersucht werden sollen. Im Sinne der Wahrung der Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen würde hier die Einhaltung des Subsidiaritätsgrundsatzes ausgelotet werden. Einer solchen rechtstatsächlichen Untersuchung zur Funktion der Betreuungsbehörde im Betreuungsverfahren würde eine Machbarkeitsstudie vorausgehen, so das BMJ.

Im Rahmen des Nationalen Aktionsplan der Bundesregierung  zur Umsetzung der UNO-BRK  ist im Referentenentwurf im Kapitel 3.11 Persönlichkeitsrechte weiterhin die geplante Evaluation des FamFG erwähnt, die auch die Regelungen zum gerichtlichen Verfahren in Betreuungs- und Unterbringungssachen einer kritischen Überprüfung unterziehen will. Diese Evaluation soll sich auch mit der Frage befassen, inwieweit das geänderte Beschwerderecht in diesen Verfahren für behinderte Menschen zu Verbesserungen geführt hat.

Schließlich wird im Entwurf des Nationalen Aktionsplanes der „Wunsch“ der Bundesregierung geäußert, dass die in den  Psychisch-Kranken- bzw. Unterbringungsgesetzen verschiedener Länder geregelten  Patientenbeschwerdestellen oder Besuchskommissionen, zu deren Aufgabe auch die Annahme von Beschwerden gehört, in allen Bundesländern eingeführt werden sollen.

Das BMJ erwähnt den Vorschlag der interdisziplinären Arbeitsgruppe, die Betreuungsbehörde im Betreuungsverfahren obligatorisch anzuhören. Ob die Bundesregierung noch in dieser Legislaturperiode einen Gesetzentwurf zur Reform des Betreuungsrechts vorlegen werde, könne jedoch nicht prognostiziert werden.

Die Bundesregierung stellt in den Antworten auf die Große Anfrage der GRÜNEN mehrfach den Zusammenhang zwischen der Betreuungsvermeidung durch andere Hilfen und der Wahrung des Selbstbestimmungsrechts von Menschen mit Behinderungen im Rahmen der UNO-BRK her. Ziel der Überlegungen zur Strukturreform in der interdisziplinären Arbeitsgruppe sei es, die Zahl der Betreuungsfälle auf das Erforderliche zu reduzieren und damit die Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen auf das Notwendige zu beschränken. Eine wesentliche Steuerungsaufgabe habe hier die Betreuungsbehörde, die andere Hilfen wie etwa die Erteilung einer Vorsorgevollmacht oder Leistungen der Sozialbehörden einschließlich Beratungsleistungen aufzeige oder veranlasse: „Die Optimierung der Ressourcen im Betreuungsrecht soll dazu dienen, dass das Betreuungsrecht dort, wo es wirklich gebraucht wird, auch in dem erforderlichen Maß zum Einsatz kommt. Dies trägt nicht nur den Herausforderungen der demographischen Entwicklung und einer steigenden Zahl von Menschen mit Assistenzbedarf Rechnung. Es entspricht auch dem Ziel der VN-Behindertenrechtskonvention, das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen zu wahren und zu stärken.“

Die Bundesregierung lehnt es weiterhin und mit den Argumenten ab, die schon die Bund-Länder-Arbeitsgruppe im Jahr 2003 vertreten hat, Eignungskriterien für Berufsbetreuer gesetzlich zu regeln.
Die Qualifizierungsmaßnahmen  der Berufsverbände reichten für den Qualifizierungsbedarf der Berufsbetreuer aus.
Auch ein leistungsgerechtes, an Fallschwierigkeiten orientiertes Vergütungssystem werde abgelehnt: Die Vergütungen seien auskömmlich, der Verwaltungsaufwand eines differenzierten Vergütungssystems unzumutbar.