SPD und Grüne im Bundestag für differenzierte Betreuervergütung

Koalitionsparteien und SPD wollen 4. Betreuungsrechts-Änderungsgesetz

Das Desinteresse an den Rahmenbedingungen der Berufsbetreuertätigkeit unter den Abgeordneten von Union, FDP und SPD im Rechtsausschuss des Bundestages ist nicht ganz so vollständig wie es bisher den Anschein hatte. In der Debatte über den Entschließungsantrag der Grünen zu einer „Personenzentrierten und ganzheitlichen Reform des Betreuungsrechts“  gab es neben Plädoyers für das Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung der Funktionen der Betreuungsbehörde auch Aussagen zur Betreuervergütung.

Ute Granold (CDU) äußerte sich vorsorglich für den Fall, dass die gesetzliche Umsatzsteuerbefreiung nicht zustande kommt: dann müsse auf anderen Wegen die finanzielle Ausstattung verbessert werden. „Da müssen wir noch einmal nachjustieren und sehen, welchen Weg die Koalition und vielleicht auch dieses Haus gehen kann, um hier relativ zügig dem Anliegen Rechnung zu tragen und für eine Verbesserung zu sorgen.“

Barbara Steffen (SPD) warf die Frage auf, ob der tatsächliche Zeitaufwand, den Berufsbetreuer für die Betreuung benötigten, noch im Verhältnis zu dem pauschalierten Zeitbudget  stehe und forderte  weitere Forschung mit dem Ziel, Kriterien für eine mehr einzelfallbezogene Typologie der Bezahlung  zu erarbeiten.  Berufsbetreuer müssten die Möglichkeit haben, jedem Betreuten  ohne Zeitdruck die notwendige Zuwendung zukommen  zu lassen.

Neben den beiden Mitgliedern im Rechtsausschuss setzte sich auch Gabriele Molitor (FDP, Mitglied im Gesundheitsausschuss) für die Verabschiedung des 4. Betreuungsrechts-Änderungsgesetz ein. Ute Granold wies vorsorglich den Ländern die Verantwortung für ein Scheitern des Gesetzes zu. Sie war sich einig mit dem sozial – und behindertenpolitischen Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Markus Kurth, dass der Bundestag nicht den unbedingte Sparwillen der Justizverwaltungen der Länder – auch bei den Personalkosten der kommunalen Betreuungsbehörden – zu erfüllen habe.  kann nur ein Aspekt sein. Vorrang hätten die individuellen Bedürfnisse der auf rechtliche Betreuung Angewiesenen und die Qualität der Betreuungsleistungen.

Alle Abgeordneten betonten die Bedeutung sozialer Leistungen zur Vermeidung von Betreuerbestellungen. Verbesserte soziale Arbeit und gut vernetzte Strukturen könnten erheblich dazu beitra¬gen, so Barbara Steffen. Der Abbau sozialer Dienste sei für den Vorrang anderer Hilfen völlig kontraproduktiv. Ute Granold strebt „maßgeschneiderte Hilfen von der Sozialassistenz bis hin zu einer kompletten rechtlichen Betreuung“ an. Gabriele Molitor warnte davor, die rechtliche Betreuung grund¬sätz¬lich infrage zu  stellen.

Ilja Seifert (Die Linke) forderte hingegen ein Recht, das assistierende  Begleitung in den Mittelpunkt stell und die vormundschaftli¬che Betreuungsmaßnahmen ausschließe. So dürfe ein Mensch  mit Behinderung, der dem Betreuungsrecht „unterworfen“ sei, nicht einmal selbst entscheiden, ob sie oder er  Mitglied eines Behindertenverbandes werden oder bleiben dürfe. Wenn dem Betreuer die 4 Euro Mitgliedsbeitrag zu viel seien, bestimme er vormundschaftlich, dass die Mitgliedschaft in der eigenen Interessen- oder Selbsthilfeorganisation unnötig sei…