Vorrang von Beratung und Unterstützung vor Betreuung ohne Gesetzänderungen verwirklichen

Abschlussresolution des Betreuungsgerichtstages für bessere Infrastruktur für behinderte Menschen

Der in Artikel 12 UNO-Behindertenrechtskonvention formulierte Schutz vor Diskriminierung bei der Wahrnehmung des Selbstbestimmungsrechts steht im Mittelpunkt der Abschlussresolution des Betreuungsgerichtstages 2010. Art. 12 UNO-BRK versteht der BGT als Auftrag und Aufforderung, für die Verwirklichung des – seit Inkrafttreten des Betreuungsgesetzes 1992 bestehenden – Vorranges von Beratung und Unterstützung vor Betreuung bessere Rahmenbedingungen zu schaffen.

So solle Assistenz als Hilfe zur Selbstbestimmung Vorrang vor dem rechtlichen Stellvertreterhandeln haben.  „Die Politik“ sei gefordert, die benötigten Unterstützungssysteme zu entwickeln, heißt es in der Resolution. Entscheidungen dürften nicht nach Kassenlage oder abhängig von verfügbaren Ressourcen und politischen Tagesvorgaben getroffen werden. Beratung und Unterstützung bei der Vertretung der Interessen und Rechte der Betreuten gehörten zu den grundlegenden Qualifikationsanforderungen an alle Akteure des Betreuungswesens.

Die Abschlussresolution, die traditionell per Akklamation und ohne Änderungsdiskussion über den vom Vorstand beschlossenen Textentwurf zustande kommt, unterstellt im Lichte des Art. 12 UNO-BRK, dass Zwangsbehandlungen und Unterbringung gegen den Willen der Betroffenen oft unter der einfachen Vorgabe des „vermeintlichen Schutzes“ der Betreuten vor Selbst- oder Fremdgefährdung angeordnet würden. Sie betont Alternativen zur institutionellen Versorgung und das Recht auf selbst gewählte Wohn- und Arbeitsformen.

Ohne nähere Erläuterung werden „Neue Formen der Unterstützung und Kommunikation“ erwähnt, die „anstelle des bislang gewohnten Handelns für die Betroffenen“ angewandt werden müssten. Hier seien Standards zu entwickeln.

In der BGT-Resolution wird auch eine Außenkontrolle für die Akteure und Institutionen gefordert, die mit psychisch beeinträchtigten oder sozial benachteiligten Menschen zu tun haben. Hier seien Systeme der Qualitätssicherung zur Findung oder Überprüfung von Entscheidungen für den kritischen Einzelfall zu aufzubauen. Vor allem müssten Beschwerdestellen müssen Standard werden und den Betreuten bekannt sein, damit diese ihre Einspruchsmöglichkeiten nutzen könnten, wenn sie ihr Recht auf Selbstbestimmung beeinträchtigt sähen, so der Betreuungsgerichtstag.

lesen Sie hier die BGT-Resolution vom 06.11.2010.