Tagung des Justizministeriums Baden-Württemberg zur Strukturreformdiskussion im Betreuungswesen
Die Übertragung betreuungsgerichtlicher Aufgaben auf Behörden und die Schnittstelle der rechtlichen Betreuung zu den sozialrechtlich geregelten Dienst- und Sachleistungen werden die wesentlichen Gegenstände der künftigen Diskussion über eine Strukturreform im Betreuungswesen sein. Dies zeichnete sich als Ergebnis des vom baden-württembergischen Justizministerium veranstalteten „Forums Betreuungsrecht“ ab.
Vor rund 50 Vertreterinnen und Vertreter des Bundesjustizministeriums, von Landesjustiz- und Landessozialministerien, von Kommunalverbänden, Betreuungsgerichten, des Betreuungsgerichtstags und von Verbänden der Berufsbetreuer und der Betreuungsvereine kritisierte Prof. Dr. Dr. h.c. Rainer Pitschas (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer) den Entwurf des 4. Betreuungsrechtsänderungsgesetzes.
Das eigentliche Problem des Betreuungswesens, die absehbar starke Zunahme von nur berufsmäßig zu führenden Fällen bei schwindenden familiären Ressourcen werde durch eine Strategie der Vermeidung einfach gelagerter Betreuungsfälle nicht gelöst. Pitschas plädierte für die Übertragung gerichtlicher Aufgaben auf Behörden, um Steuerungsmöglichkeiten erschließen zu können. Prof. Dr. Regina Aebi-Müller referierte über „Die Behördenstruktur nach dem Schweizer Erwachsenenschutzrecht“.
In der Diskussion wurde der vom Bundesverband freier Berufsbetreuer nachdrücklich kritisierte Vorschlag des nordrhein-westfälischen Justizministeriums für eine Aufgabenübertragung von den Betreuungsgerichten zu den kommunalen Betreuungsbehörden von keinem der Teilnehmer unterstützt. Breite Zustimmung fand vielmehr das vom BVfB-Geschäftsführer Jörg Tänzer entwickelte Konzept der teilweisen Aufgabenübertragung auf Landesbehörden.