Frau Eff, Berufsbetreuerin… ist kein Sparverein
Herr K. ist einer von meinen jungen Betreuten, bei denen ich mich frage, ob er die Unterstützung durch die rechtliche Betreuung wirklich braucht. Er hat eine nachgewiesene psychische Störung und er hat es auch oft nicht geschafft, dem Jobcenter pünktlich alle Unterlagen zuzuschicken, um regelmäßig von dort Geld zu bekommen. Dadurch ist er dann auffällig geworden, eine Räumungsklage stand ihm ins Haus und die Obdachlosigkeit drohte. Als Rettung kam Frau Eff und nahm die Verwaltung dieses etwas zerfledderten Lebens in die Hand. Herr K. findet das alles super und ruft mich regelmäßig an, z. B. wenn er meint, dass sein Vermieter mal wieder „einen Einlauf“ von mir brauche, weil die Klingel nicht funktioniert.
Die Klingel braucht Herr K., weil er sonst seine Kunden nicht hört, die bei ihm Drogen erwerben möchten. Während ich ihm den Rücken freihalte, indem ich Miete, Krankenversicherung und ein kleines Einkommen sichere, rasiert sich Herr K. zu einem Ebenbild von Travis Bickle aus dem Film „Taxi Driver“ und verhökert alles aus dem BTM-Sortiment, das er in seine Zwischenhändler-Finger bekommt. Ist die Auftragslage mal nicht so gut, kann er auch, trotz Merkzeichen „G“ im Schwerbehindertenausweis, gegen Honorar Wohnungen entrümpeln. Auch einen An- und Verkauf für Rassehunde hatte er schon. Die Qualität seiner Drogen überprüft er durch relativ wahllosen Selbstkonsum. Er ist der Meinung, dass „Sucht“ durch Selbstkontrolle verhindert werden kann. „Ey, Frau Eff, meine Freundin, also die verträgt das einfach nicht so gut, ich, also mir, mir macht das nichts aus.“ Durch etliche Staffeln der Fernsehserie „Breaking Bad“ geschult, sehe ich seine zunehmenden Hautausschläge mit Kennerblick. Herr K. verneint aber, mit Crystal Meth etwas zu tun zu haben. „Ich hab da was besseres“ verrät er mir.
Ambulant betreutes Wohnen, eine Therapie oder Behandlung oder gar das Fernziel „Arbeit“ findet Herr K. selbstredend in seinem Fall überflüssig. Das sind alles Dinge, die nicht in seiner Zukunft zu sehen sind. Was er sieht, klar und deutlich, ist das neue Samsung Galaxy S5 Handy mit einem All-inclusive-Vertrag. Weil er es selbst nicht schafft, das nötige Geld anzusparen, soll ich das für ihn machen.
Derzeit bekommt Herr K. sein Wirtschaftsgeld jede Woche per Scheck ausgezahlt. Er möchte, dass ich die Summe jede Woche um 20 Euro kürze, damit er sich bald „das Galagxy“ kaufen kann. Ich verweigere mich diesem Sparplan und stelle gleich mal in Aussicht, dass ich auch keinem Mobilfunkvertrag in der gewünschten Höhe für ihn abschließen werde.
Herr K. findet das ungerecht: „Mann, ey, Frau Eff, is doch mein Geld, sie wollen doch immer, dass ich spare. Und jetzt will ich sparen, und dann ist das auch wieder falsch.“
Frau Eff: „Wegen mir können sie gerne sparen. Ich schenke ihnen sogar ein Sparschwein. Aber ich spare nicht für ihre Konsumwünsche. Ich spare für Notfälle. Wenn sie ein so teures Handy wollen, sparen Sie selbst.“
Herr K.: „Sie wissen genau, dass ich das nicht schaffe. Wenn ich 50 Euro sehe, kribbelt mir das in den Fingern, dann muss ich die ausgeben.“
Frau Eff: „Genau. Und wenn Sie wissen, dass ich 50 Euro für Sie gespart habe, dann rufen Sie mich andauernd an, beschimpfen mich und wollen das Geld haben. Ich habe echt null Bock auf diese Gespräche.“
Herr K.: „Aber Sie würden das schaffen, Sie würden mich so kurz halten und das Geld nicht rausrücken, bis ich das Galaxy hätte!“
Frau Eff: „Ja, das würde ich schaffen. Aber dafür werde ich nicht bezahlt. Und ich bin auch nicht ihr Sparverein. Ich spare auf Ihrem Konto nur für Notfälle, und da kommen Sie nicht dran, wenn es um ein neues Smartphone geht.“