Frau Eff… und die neuen Ibabiks

Frau Eff, Berufsbetreuerin… und die neuen Ibabiks

Frau Eff findet im Alltag immer wieder Hinweise, wie rechtliche Betreuungen vermieden und den Betroffenen mit niedrigschwelligen Hilfen weitergeholfen werden kann. Diese Beispiele zeigen aber gleichzeitig auch, dass die Ursache für die Zunahme von Verwirrung unter der Allgemeinbevölkerung keine krankhafte oder behinderungsbedingte ist, sondern der verantwortungslosen Dummheit von Entscheidungsträgern geschuldet werden muss.

Gestern fing mich bei einem Hausbesuch die Nachbarin meiner Klienten ab und fragte, ob ich ein paar Minuten Zeit hätte. Sie habe da ein ganz schlimmes Problem, eigentlich eine persönliche Katastrophe. Ich würde auch ein Stück Marmorkuchen bekommen, wenn sie mich um Rat fragen könne.

Die schon betagte Dame schleppte sodann ihre Kontoauszüge herbei und erläuterte ihr Dilemma:
„Ich habe da so Briefe bekommen, von der Versicherung und den Stadtwerken und vom Essen auf Rädern und was weiß ich von wem noch, mit so neuen Nummern für das Konto. Erst dachte ich, dass sind so Verbrecherbriefe, dass da jemand an mein Geld will. Da habe ich da angerufen, und die Versicherung und das Essen auf Rädern haben gesagt, die Briefe sind wirklich von denen. Es ginge da um die neuen Ibabiks, wegen der Einzugsermächtigung, ich solle mir das genau durchlesen. Wissen Sie, ich kann nur noch mit der Leselupe lesen, aber ich habe jeden Brief genau durchgelesen. Wussten Sie, dass es jetzt neue Kontonummern gibt, die Ibabiks genannt werden? Ich wusste das nicht, aber zum Glück habe ich ja den Janni, meinen Enkel, der hat so ein Handy mit Internet, damit kann der alles mit der Sparkasse sofort regeln. Ich habe den Janni also gebeten, jetzt Daueraufträge zu machen, damit ich nicht allen von der Versicherung und dem Essen auf Rädern und den Stadtwerken meine neue Ibabiknummer schicken muss. Wissen Sie, schreiben kann ich auch nicht mehr so gut, zittert alles, die Hand, der Arm. Aber der Janni hat das prima gemacht, zackzack, war der fertig. Und wissen Sie, was passiert ist? Die Stadtwerke und das Essen auf Rädern und alle haben Geld abgebucht und dann ist alles noch einmal per Dauerauftrag überwiesen worden. Ich bin jetzt pleite. Das ist mir in meinen 81 Jahren noch nicht passiert, so etwas.“

Wegen einer solchen Geschichte wird keine rechtliche Betreuung eingerichtet, ich weiß. Aber damit könnte es beginnen: Dass die Leute den Überblick verlieren, glauben, zu dumm und zu alt zu sein und die Sache – wie man im Rheinland sagt – zu verschlimmbessern.
Alleine die völlig gedankenlose und inflationäre Verwendung von Zahlenkolonnen, seien es die neuen IBAN-Kontonummern oder Aktenzeichen, Bearbeitungsnummer oder andere Ziffernmonster, sind ein Fluch. Auf jeder Telekom-Rechnung hat ein Mensch drei jeweils zehnstellige Nummern: Kundennummer, Rechnungsnummer, Buchungskontonummer. Auf einem Schreiben der Staatsanwaltschaft finden sich: „unser Geschäftszeichen“, die „Bezeichnung der Sache / Aktenzeichen“ sowie das Kassenzeichen. Der Energieversorger unterscheidet zwischen Vertragskontonummer und Rechnungsnummer. Auf dem Hundesteuerbescheid finden sich so kryptische Angaben wie „ZP-Nr.“, Steuermarken-Nr.“ und „Erf. DVA/LEE Handz.“, und natürlich ein persönliches Kassenzeichen sowie, falls vorhanden, die Chipnummer des Hundes. Und selbstredend in allen Fällen die IBAN- und die BIC-Nummern. Alle Zahlen- und Buchstabenreihen übrigens grundsätzlich und konsequent in einer 5-Punkt-Schrift und ohne Leerzeichen auf den Briefbogen gequetscht.

Wenn man von staatlicher Seite also verhindern möchte, dass sich große Bevölkerungsgruppen behindert fühlen, dann darf man sie in ihrem täglichen Leben nicht unnötig behindern. Man muss ihnen das Leben vielmehr vereinfachen. Man muss von den Schwächsten aus denken, wenn man etwas Neues einführt.