Frau Eff… und die Pünktlichkeit

Frau Eff, Berufsbetreuerin… und die Pünktlichkeit

Frau Eff ist eingeladen, an der Fallbesprechung für die Klientin K. teilzunehmen. Der Termin findet in der Wohngruppe des Behindertenheims statt, in der Frau K. lebt. Wie so oft bin ich zehn Minuten vor dem Termin dort, weil ich immer etwas Pufferzeit einplane, falls mal ein Stau oder etwas anderes meine Anreise verzögert. Um nicht überpünktlich Unruhe zu verursachen, gehe ich noch ein paar Minuten spazieren und stehe dann auf die Minute genau in der Wohngruppe. Außer einigen Bewohnern selbst, die mich gleich freundlich willkommen heißen, ist niemand dort. Ich warte.

Zehn Minuten nach der verabredeten Uhrzeit trifft der Gruppenleiter ein und begrüßt mich gut gelaunt mit den Worten „Ich muss nur noch schnell das Auto ausräumen, die Kollegin Sabine ist unterwegs“. Missmutig schaue ich ihm dabei zu, wie er den Wocheneinkauf der Gruppe aus dem Kofferraum wuchtet. Ich erkläre, dass ich noch Anschlusstermine habe, woraufhin der Gruppenleiter eilfertig in den Besprechungsraum läuft und ruft

„Dann setzt ich mal schnell den Kaffee auf“. „Ich brauche keinen Kaffee, mir wäre lieber, wenn wir gleich anfangen könnten“, lasse ich ihn wissen. Ohne Widerspruch setzt er sich an den Tisch und holt seine Unterlagen hervor. Zwischenzeitlich ist seine Kollegin Sabine eingetroffen und schaut in den Raum. „Wo issn Kaffee?“ fragt sie grußlos. „Frau Eff möchte keinen Kaffee, Sabine, lass uns mal anfangen“ sagt er beschwörend. „Ohne Kaffee kann ich nicht denken“ lässt Sabine uns wissen und geht in die Küche. Allerdings nur, um diese zu verlassen, noch bevor sie die Kaffeemachine erreicht hat, weil nämlich das Telefon klingelt. Mit einem Ohr höre ich, wie sie versucht, mit einem weiteren Kollegen den Dienstplan der kommenden Woche zu klären. Wir sind inzwischen mehr als 20 Minuten im Verzug und meine Laune verschlechtert sich rapide.
Da ich inzwischen jeden Außentermin in Einrichtungen auch als Gelegenheit für Öffentlichkeitsarbeit nutze, erläutere ich meinen beiden mit frischem Kaffee versorgten Gesprächspartnern die Arbeitssituation von rechtlichen Betreuern.

Vielen Angestellten ist in vergleichbaren Situationen gar nicht bewusst, dass mich jede Verzögerung wertvolle Zeit kostet, bei ihnen aber völlig folgenlos während der bezahlten Arbeitszeit stattfindet. Wie oft erlebe ich es, dass Termine in Kliniken, Heimen oder bei Behörden nicht eingehalten werden, weil es für meine Gesprächspartner völlig unerheblich ist, ob man eine halbe Stunde später anfängt. Wenn solche Wartezeiten aus Respektlosigkeit herbeigeführt werden (engagierte Fachsimpelei über das gestrige Bundesligaspiel, während Frau Eff mit großen Ohren vor der Tür steht), kann man ruhig mal unfreundlich werden. Was macht man aber, wenn alle nur nett sein wollen? Man kommt, um ein kurzes Gespräch zu führen, und die Mitarbeiter laden einen zum Geburtstagskaffee ein, wollen Fotos vom letzten Ausflug zeigen oder sind alleine im Dienst und unterbrechen das Gespräch immer und immer wieder, weil die Bewohner etwas wollen… Dann ist es oft nicht so einfach, auf den eigenen Zeitplan zu pochen. Sollte man aber trotzdem. Letztendlich will der Gesetzgeber, dass wir zielorientiert arbeiten, und zu verschenken haben wir nichts, auch keine Zeit. Bei einem durchschnittlichen Tag mit fünf Außenterminen addiert sich die Wartezeit schnell auf eine Stunde. Die weiß ich besser zu nutzen, als mit Warterei oder Kaffeetrinken.