Möglicherweise zu hohe Beiträge Selbständiger für die freiwillige Krankenversicherung

Fehlende Rechtsgrundlage für Beitragsbemessung seit 2009? Vorsorglich Widerspruch einlegen

Das Hessische Landessozialgericht und das Sozialgericht München sind der Auffassung, dass es seit Januar 2009 keine Rechtsgrundlage für die Beitragsbemessung für Selbständige, die freiwillig gesetzlich krankenversichert sind, gibt. Nur für den Mindestbeitrag von 285 € pro Monat existiere eine gesetzliche Grundlage. Sollte das Bundessozialgericht diese Auffassung bestätigen, könnten viele Beitragszahler eine rückwirkende Beitragserstattung geltend machen.

Bis zur Einführung des Gesundheitsfonds zum 1. Januar 2009 hatten die einzelnen Krankenkassen jeweils in ihren Satzungen geregelt, welche Einnahmen bei freiwillig Versicherten beitragspflichtig sind. Der Gesetzgeber hat seitdem nur die Mindesthöhe der beitragspflichtigen Einnahmen festgelegt, für hauptberuflich Selbständige gegenwärtig 1.916,25 €, woraus sich der monatliche Mindestbeitrag zuzüglich mindestens 37 € Pflegeversicherungsbeitrag ergeben.
Nach dem Willen des Gesetzgebers soll der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen mit den „Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler“ eine kasseneinheitliche Regelung treffen. Danach sind praktisch alle Einnahmen des Versicherten beitragspflichtig. Wenn aber, wie das Sozialgericht München mit Urteil vom 2. März 2010 (S 19 KR 873/09) und das Hessische Landessozialgericht mit Beschluss vom 21. Februar 2011 (L 1 KR 327/10 B ER) entscheiden haben, diese Grundsätze unwirksam sind, dann dürften die Krankenkassen von freiwilligen Mitgliedern derzeit nur den gesetzlichen Mindestbeitrag fordern. Die „Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler“ seien lediglich vom demokratisch kaum legitimierten Vorstand des GKV-Spitzenverbands beschlossen worden. Das Sozialgericht Dresden hält die Grundsätze hingegen für wirksam (Urteil vom 5.1.2011, S 18 KR 467/10)
Falls das Bundessozialgericht die Unwirksamkeit der Beitragsverfahrensgrundsätze bestätigen würde, sollten die freiwillig Versicherten, die einen höheren Beitrag als den Mindestbeitrag entrichten, dann gem. § 44 SGB X einen Antrag auf rückwirkende Neuberechnung der Krankenkassenbeiträge seit Januar 2009 stellen. Gegenwärtig wäre den Beitragszahlern zu raten, gegen künftige Beitragsbescheide unter Berufung auf die o.g. Entscheidungen Widerspruch einzulegen. Es sollten sowohl das Ruhen des Widerspruchsverfahrens angeregt und die von der Krankenkasse festgesetzten Beiträge weitergezahlt werden, weil der Widerspruch gegen Beitragsbescheide keine aufschiebende Wirkung hat.

Es könnte aber auch vor dem Sozialgericht im Eilverfahren die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs beantragt werden. Dann müsste, wenn das angerufene Sozialgericht den genannten Entscheidungen folgen würde, bis auf weiteres nur der Mindestbeitrag entrichtet werden.