Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof spricht sich für umsatzsteuerrechtliche Gleichbehandlung nicht gemeinnütziger Pflegeleistungserbringer aus
Die Wahrscheinlichkeit hat sich erhöht, dass der Bundesfinanzhof, anders als mehrere Finanzgerichte, die Umsatzsteuerfreiheit der Vergütungen auch der selbständigen Berufsbetreuer rückwirkend seit 2005 feststellen wird. Der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof hat sich am 19. Juli 2012 in seinem Schlussantrag im Verfahren C‑174/11 (Finanzamt Steglitz gegen Ines Zimmermann) für die umsatzsteuerrechtliche Gleichbehandlung nicht gemeinnütziger Pflegeleistungserbringer ausgesprochen.
Der Bundesfinanzhof hat sein Verfahren V R 7/11 über die Umsatzsteuerbefreiung für Berufsbetreuer bis zur EuGH-Entscheidung ausgesetzt. Das Urteil der 2. Kammer des EuGH wird im September erwartet. Der Generalanwalt als Vertreter des öffentlichen Interesses fasst den Prozessgegenstand zusammen und gibt den Richtern mit den Schlussanträgen eine Entscheidungsempfehlung, der diese in vier von fünf Fällen folgen.
In dem zu entscheidenden Fall hat eine gewerbliche Pflegedienstinhaberin die Gleichbehandlung mit gemeinnützig getragenen Pflegediensten geltend gemacht. Sie muss nach § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG für eine Umsatzsteuerbefreiung ihrer Umsätze mit Kranken- und Pflegekassen bestimmte Voraussetzungen erfüllen, während diese nach § 4 Nr. 18 Satz 1 UStG von den Pflegediensten von anerkannten Wohlfahrtsverbänden nicht nachgewiesen werden müssen.
In dieser Ungleichbehandlung sieht EuGH-Generalanwalt Jan Mazak einen Verstoß gegen die steuerrechtliche Neutralität im Mehrwertsteuersystem. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g bzw. Abs. 2 Buchst. a der Sechsten (Mehrwertsteuer-)Richtlinie 77/388/EWG des Rates fordere die Gleichbehandlung gemeinnütziger und nicht gemeinnütziger Pflegeanbieter. Nach der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie können die Mitgliedsstaaten die mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Leistungen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen von der Umsatzsteuer befreien. Gem. § 4 Nr. 18 Satz 1 UStG hatte der BFH mit Urteil vom 17.02.2009 (XI R 67/06) die Betreuungsvereine als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannt und ihre fallbezogenen Leistungen als mit der sozialen Sicherheit verbunden eingestuft und ihre Umsatzsteuerfreiheit festgestellt.