ARGE muss Fahrtkosten zur Substitutionsbehandlung übernehmen

Kostenübernahme zur Sicherstellung des menschenwürdigen Existenzminimums notwendig

Die Kosten, die einem Drogenhabhängigen für die Fahrten zu einer Substitutionstherapie entstehen, muss die ARGE vorläufig – bis zur endgültigen Entscheidung des Hauptsacheverfahrens – übernehmen.
Dies entschied das Sozialgericht Wiesbaden. (Beschluss vom 11.10.2010 – S 23 AS 766/10 ER)
Im zugrunde liegenden Streitfall hatte es die zuständige ARGE abgelehnt einer bei Limburg wohnenden Drogenabhängigen die Fahrtkostenn zu erstatten, die für die tägliche Durchführung der Drogenersatztherapie anfielen. Die Antragstellerin musste täglich in eine Apotheke nach Limburg fahren um ein Medikament zur Drogensubstitution in der Apotheke einzunehmen und einmal wöchentlich ihren behandelnden Arzt in Wiesbaden aufsuchen. Hierfür fielen monatlich Kosten in Höhe von 157,20 Euro an.

Das Sozialgericht Wiesbaden sah in den Kosten einen unabweisbaren, laufenden nicht nur einmaligen besonderen Bedarf, den die Behörde nach dem seit 3. Juni 2010 neu in Kraft getretenen § 21 Abs. 6 SGB II tragen muss. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gemäß der Urteile vom 9. Februar 2010 umgesetzt. Ein solcher besonderer Bedarf liege zwar nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen vor. In diesem Fall sei er aber zu bejahen. Die Antragstellerin könne die Fahrtkosten von 157,20 Euro monatlich nicht von ihren SGB II-Leistungen tragen und die Kosten auch nicht anderweitig decken. Die Kosten seien zur Sicherstellung des menschenwürdigen Existenzminimums notwendig. Sie fielen regelmäßig über einen längeren Zeitraum an und stellten einen besonderen/atypischen Bedarf dar. Denn bei der Bemessung des SGB II-Regelsatzes seien Fahrtkosten für eine notwendige Krankenbehandlung nicht in diesem erheblichen Umfang berücksichtigt worden.