Beratungs- und Prozesskostenhilfe: Inanspruchnahme wird massiv verschlechtert

Anwaltsvereinigungen kritisieren Gesetzentwurf der Bundesregierung

Beratungshilfe soll künftig zur Dispositionsmasse der Rechtspfleger werden. Der ausdrücklich mit dem Ziel der Kostenreduzierung versehene Gesetzentwurf  der Bundesregierung
zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts (Bundestagsdrucksache 17/11472) enthält eine Reihe unbestimmter Rechtseingriffe und neue Rechtsmittel der Justiz auch gegen bereits erteilte Beratungshilfescheine. Für die Rechtsuchenden und die Anwälte wird künftig die Beratungshilfegewährung von den Zufällen der Haushaltslage der Justiz und der persönlichen Einstellungen der zuständigen Rechtspflegers abhängen und häufiger Gegenstand von Beschwerdeverfahren werden.

Künftig soll Beratungshilfe bei Mutwilligkeit ihrer Inanspruchnahme versagt werden können. Diese soll gem. § 1 Abs. 3 BeratungshilfeG-E vorliegen, wenn Beratungshilfe in Anspruch genommen wird, obwohl ein Rechtsuchender, der keine Beratungshilfe beansprucht, „bei verständiger Würdigung aller Umstände der Rechtsangelegenheit davon absehen würde, sich auf eigene Kosten rechtlich beraten oder vertreten zu lassen“. Bei der Beurteilung der Mutwilligkeit sind die Kenntnisse und Fähigkeiten des Antragstellers sowie seine besondere wirtschaftliche Lage zu berücksichtigen. Ein ähnliches Kriterium soll auch in die Regelungen zur Prozesskostenhilfe gem. § 114 ZPO-E eingefügt werden.

Die Bundesrechtsanwaltskammer und der Deutsche Anwaltsverein sehen in der „Mutwilligkeit“ keine ausreichend rechtssicheres Kriterium für eine Entscheidung über den Bratungshilfebedarf. Es seien Auslegungsprobleme zu befürchten, weil die Maßstäbe auf wertungsabhängigen Leerformeln gründeten.

Bereits bewilligte Beratungshilfe-Berechtigungsscheine sollen auf die künftig mögliche Erinnerung zugunsten der Staatskasse (Bezirksrevisoren) hin rückwirkend wieder eingezogen werden können. Damit verliert der Rechtsanwalt, der die Beratungshilfe schon gewährt hat, am Ende doch noch seinen Vergütungsanspruch. Beratungshilfe darf grundsätzlich nur noch auf vorherigen Antrag bewilligt werden, nicht mehr nachträglich.