– Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 16.03.2022 – XII ZB 248/21 –
Der BGH hat klargestellt, dass für die Berechnung der Vergütung eines ausscheidenden Betreuers nicht der Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung über die Entlassung maßgeblich ist, sondern der Zeitpunkt der Wirksamkeit der Entscheidung über den Betreuerwechsel.
In dem Verfahren war die Frage strittig, ob einem entlassenen Betreuer ein Vergütungsanspruch für die Fortsetzung seiner Tätigkeit zusteht, wenn er gegen seine Entlassung Beschwerde eingelegt hat. Der Bundesgerichtshof hat dies unter Hinweis auf § 5 VBVG und die §§ 187 ff. BGB und § 287 FamFG verneint.
Die Höhe der Fallpauschalen nach § 4 Absatz 1 VBVG ist gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 VBVG von der Dauer der Betreuung abhängig. Erfolgt ein Betreuerwechsel im laufenden Abrechnungsmonat, errechnet sich der Vergütungsanspruch nach § 5 Abs. 2 Satz 3 VBVG zeitanteilig nach Tagen bis zur Beendigung der Betreuung. Die §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 1 und 191 BGB werden entsprechend angewendet. Nach § 287 FamFG ist der Beschluss über die Entlassung des Betreuers mit dessen Bekanntgabe an den Betreuer wirksam. Auf die Rechtskraft der Entscheidung über die Entlassung des Betreuers kommt es entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht an. Die Beschwerde gegen den Beschluss über die Entlassung des Betreuers durch das Amtsgericht habe nämlich keine aufschiebende Wirkung.
Auch eine analoge Anwendung der in § 5 a VBVG geregelten Ausnahmen von der laufenden Vergütung komme nicht in Betracht. Denn die Fortsetzung der Betreuung nach der Entlassung sei weder mit einem besonders zu vergütenden Mehraufwand zu vergleichbar noch mit einem Wechsel von der Berufsbetreuung zur ehrenamtlichen Betreuung.
Dass die Entlassung des Betreuers rückwirkend entfällt, wenn die Beschwerde gegen die Entlassung Erfolg hat (vgl. OLG Köln FamRZ 1998, 841; Staudinger/Bienwald BGB [2017] § 1908 b BGB Rn. 143), rechtfertige entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht die Schlussfolgerung, dass dem Betreuer bei einer erfolglosen Beschwerde gegen seine Entlassung bis zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung eine Vergütung zustehen müsse. Denn die eigenmächtige Fortsetzung der Tätigkeit eines entlassenen Betreuers sei mit einer erfolgreichen Beschwerde gegen die Entlassung nicht vergleichbar.
Einerseits liegt es nahe, dass der BGH eine Vergütung für die Fortsetzung der Betreuung nach der Entlassung verneint, wenn Beschwerde gegen die Entlassung eingelegt wird. Denn es wäre kaum nachvollziehbar, wenn durch die Einlegung der Beschwerde rechtliche Betreuer über die Dauer ihres Vergütungsanspruches mitbestimmen könnten. Andererseits führt die Entscheidung in ein Dilemma: Denn zum Zeitpunkt der Einlegung einer Beschwerde ist deren Erfolg noch ungewiss und die rückwirkende Unwirksamkeit der Entlassung im Falle des Erfolges der Beschwerde würde dazu führen, dass rechtliche Betreuer, die nach der Entlassung untätig bleiben, Pflichtverletzungen begehen. Es muss daher Einigkeit darüber bestehen, dass ein Verschulden für Pflichtverletzungen oder bereits eine Pflichtverletzung ausgeschlossen ist, wenn nach einer Entlassung gegen die Beschwerde eingelegt wird, rechtliche Betreuer grundsätzlich untätig bleiben. Denn anderenfalls würde von rechtlichen Betreuern, die sich gegen ihre Entlassung zur Wehr setzen, bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die Beschwerde verlangt, unentgeltlich tätig zu werden. Das wäre unzumutbar.
Die Entscheidung des BGH sollte rechtliche Betreuer dazu veranlassen, nach der Wirksamkeit des Beschlusses über ihre Entlassung auch dann nicht mehr für die betreute Person tätig zu werden, wenn sie Beschwerde gegen ihre Entlassung eingelegt haben. Im Falle eines Betreuerwechsels gilt dies umso mehr, da durch die Bestellung des „neuen“ Betreuers bzw. der „neuen“ Betreuerin die Erledigung der Angelegenheiten für die betreute Person grundsätzlich gewährleistet ist. In den übrigen Fällen kann aber ein Haftungsrisiko nicht vollkommen ausgeschlossen werden.