Psychisch und suchtkranke Alg-II-Empfänger nicht zur Therapie verpflichtet

Jobcenter darf zur Arbeitsmarkteingliederung keine Therapie anordnen

Die Pflicht zur Therapie einer psychischen oder Suchtkrankheit darf weder Bestandteil einer Eingliederungsvereinbarung noch eines Eingliederungsverwaltungsaktes des Jobcenters sein. Es gebe keine allgemeine Pflicht zur Gesunderhaltung oder Gesundung, auch nicht im Rahmen des Selbsthilfeegebotes gem. § 2 Abs. 1 SGB II. Mit dieser Begründung stellte das Sozialgericht Schleswig mit Beschluss vom 22.10.2013 (S 16 AS 158/13 ER)  die aufschiebende Wirkung eines Widerspruches gegen einen Eingliederungsverwaltungsakt wieder her, mit dem eine Psychotherapie angeordnet wurde.

Die Beschlüsse des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz (L 3 ER 175/07 AS vom 05.07.2007) und des Sozialgerichts Braunschweig (S 21 AS 962/06 ER vom 11.09.2006), mit denen Eingliederungsvereinbarungen mit entsprechenden Pflichten für unwirksam erklärt worden, wurden formal begründet: eine Eingliederungsvereinbarung setze das Vorliegen von Erwerbsfähigkeit voraus, die durch die Therapie erst hergestellt werden solle. Das SG Schleswig benennt nun das wesentliche Hindernis für eine Therapiepflicht bei der Arbeitsmarkteingliederung: für den Erfolg einer Therapie ist die freiwillige Teilnahme und aktive Mitwirkung Voraussetzung.

Während das SG Schleswig eine Erstberatung als Angebot des Jobcenters bezeichnet, dürfte jedoch die sanktionsbewehrte Verpflichtung zur Teilnahme am Erstberatungsprozess einer Suchtberatungsstelle oder eines psychosozialen Betreuungsangebots gem. § 16a SGB II zulässig sein.