Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 16.06.2021 – XVII ZB 208/20
Der Bundesgerichtshof hat die Rechtsauffassung bekräftigt, dass dem in § 5 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 VBVG enthaltene Verweis auf § 191 BGB eine regelmäßige Berechnung des Betreuungsmonats mit 30 Tagen zugrunde liegt. Der gesetzliche Verweis in § 5 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 VBVG führt nicht dazu, dass bei der tatsächlichen Berechnung der Tage eine Kürzung der Kalendermonate mit 31 Tagen (Januar, März …) oder einer Verlängerung des Monats Februar auf 30 Tage erfolgt.
Hintergrund dieser Entscheidung war folgender Sachverhalt: Mit zugestelltem Beschluss vom 27.10.2017 wurde ein Betreuer für eine mittellose, in eigener Wohnung lebende Person benannt. Die betreute Person verstarb am 24.02.2020. Der Betreuer beantragte, seine Vergütung in Höhe von 159,60 Euro gemäß der Vergütungstabelle C.5.2.1 für den Zeitraum von 28.01.2020 bis 24.02.2020 festzusetzen. Seiner Berechnung lag ein Anteil von 28/30 der monatlichen Fallpauschale in Höhe von € 171,00 Euro zugrunde. Durch die Staatskasse wurde eine Vergütung in Höhe von 153,90 Euro festgesetzt. Dies wurde damit begründet, dass eine Reduzierung in Höhe von 5,70 Euro vorzunehmen war, da nur ein Anteil in Höhe von 27/30 der monatlichen Fallpauschale angefallen ist, der Monat Januar 2020 wegen § 5 Abs. 2 Satz 3 VBVG i.V.m. § 191 BGB nur mit 30 Tagen zu berücksichtigen ist.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Betreuers hatte Erfolg. Die angefochtene Entscheidung wurde abgeändert und dem Vergütungsantrag des Betreuers in voller Höhe entsprochen. Hiergegen richtete sich die zugelassene – aber nicht erfolgreiche – Rechtsbeschwerde der Staatskasse.
Der Bundesgerichtshof stellt klar, dass der in § 5 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 VBVG enthaltene Hinweis auf § 191 BGB so zu verstehen ist, dass eine regelmäßige Berechnung des Betreuungsmonats mit 30 Tagen zu erfolgen hat. Dabei ist allerdings zu beachten, dass es sich bei § 191 BGB um eine Auslegungsregel für eine Fristberechnung bei nicht zusammenhängenden Zeiträumen handelt, nach der eine Monatsfrist ohne Rücksicht auf die tatsächliche Länge des Monats mit 30 Tagen und eine Jahresfrist ohne Rücksicht auf das Vorliegen eines Schaltjahres mit 365 Tagen zu berechnen ist. Diese Auslegungsregel führt nicht dazu, dass in Betreuungsverfahren generell der 31. Tag eines Monats unvergütet bleibt. Vielmehr ist zwischen den tatsächlich zu vergütenden Tagen und einem Betreuungsmonat eine Unterscheidung vorzunehmen. Vergütungsrechtlich ist für jeden Kalendertag des Teilmonats eine Tagespauschale von 1/30 der entsprechenden Monatspauschale zu bezahlen. Im streitgegenständlichen Verfahren war somit für den Zeitraum vom 28.01.2020 bis 24.02.2020 der Ansatz 28/30 vorzunehmen.
Mit dieser Rechtsauffassung folgt der Bundesgerichtshof der Rechtsprechung zur sozialrechtlichen Bestimmung des § 41 Abs. 1 SGB II. § 41 Abs. 1 SGB II besagt, „dass ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für jeden Kalendertag besteht und der Monat mit 30 Tagen berechnet wird. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht“. Rechtlich wird diese Vorschrift nicht so verstanden, als werde der Monat fiktiv auf 30 Tage verkürzt oder verlängert, sondern allein als Vorgabe für die anteilige Berechnung der Leistung mit dem Faktor 1/30, wenn nicht für den gesamten Monat ein Anspruch besteht. Ein Anspruch des Hilfeempfängers auf 1/30 der monatlichen Leistung besteht deshalb auch dann, wenn die Voraussetzungen für den Leistungsbezug nur am 31. eines Monats vorgelegen haben.
Auf den Punkt gebracht kann man festhalten: Bei der Berechnung der Vergütung für einen Monat, in dem die Betreuung nicht durchgehend bestand, ist im Nenner die Zahl 30 und im Zähler die Anzahl der Tage anzugeben, während derer die rechtliche Betreuung tatsächlich bestand. Der Quotient ist mit der Fallpauschale zu multiplizieren.