Fehlen einem betreuten finanzielle Mittel, um seine private Kranken- und Pflegezusatzversicherung fortzuführen, ist dies allein noch kein Grund für die Kündigung des Vertrages durch den Betreuer.
Dieser haftet auf Schadensersatz, wenn später der absehbare Versicherungsfall eintritt und die Versicherung aufgrund der Kündigung nicht mehr zu einer Regulierung verpflichtet ist.
Das Oberlandesgericht Koblenz hat sich mit einem entsprechenden Fall befasst. Eine Berufsbetreuerin hatte im Juli 2016 eine für die Betreute bestehende private Kranken- und Pflegeversicherung,
wegen fehlender finanzieller Mittel der Betreuten für die laufenden Beiträge, gekündigt. Bei beiden Verträgen handelte es sich umso genannte Zusatzversicherungen. Kurz darauf trat absehbar der Versicherungsfall ein, wegen der Kündigungen musste der Versicherer jedoch der Betreuten die ihr vertraglich zustehenden 18.000 Euro nicht zahlen.
Die Betreute beantragte zur Durchführung einer Schadensersatzklage gegen die Berufsbetreuerin Prozesskostenhilfe. Sie warf der Berufsbetreuerin eine Pflichtwidrigkeit vor.
Dieser Antrag wurde durch das Landgericht Koblenz zurückgewiesen. Es begründete die Ablehnung mit fehlender Erfolgsaussicht bei einer Klage. Aufgrund der unzureichenden finanziellen Situation der Betreuten sei die Kündigung der Versicherungen nicht pflichtwidrig gewesen, so das Landgericht.
Gegen diese Entscheidung legte die Betreute sofortige Beschwerde beim Oberlandesgericht Koblenz ein. Hier wurde der Fall anders beurteilt, das Gericht entschied, dass der Betreuten Prozesskostenhilfe zu gewähren sei. Ein Schadensersatzanspruch gegen die Betreuerin könne sehr wohl bestehen. Wegen der zeitlichen Nähe zwischen Kündigung und Eintritt des Versicherungsfalls und unter Berücksichtigung des Krankheitsbildes der Betreuten, sei der zeitnahe Eintritt des Versicherungsfalls für die Betreuerin absehbar gewesen sei. Durch den Versicherungsfall hätte die Betreute erhebliche Einnahmen erhalten, außerdem wäre die vereinbarte Leitungsfreiheit eingetreten, so dass es einer Kündigung nicht bedurft hätte.
Das Gericht führte aus, dass die Betreuerin in dieser Situation eine Risikoabwägung vornehmen müsse. Mögliche finanzielle Leistungen aus den bestehenden Versicherungen hätten gegen das Einsparungspotenzial wegen Wegfall der monatlichen Verpflichtungen abgewogen werden müssen. Ob sie dieser Verpflichtung nachkam, sei bisher nicht ersichtlich und müsse im Schadensersatzprozess geklärt werden.