Beschluss des Landgerichts Frankenthal vom 20.12.2023 – 1 T 161/23
I.
Eine Berufsbetreuerin hatte über einen Zeitraum von 1 ¾ Jahren die quartalsweise Festsetzung und Auszahlung ihrer Vergütung beantragt. Teilweise kam es bei der Auszahlung zu Verzögerungen von mehreren Monaten. Sämtlichen Vergütungsanträgen lag die gleiche Fallpauschale zugrunden. Am 30.01.2023 beantragte die Betreuerin gemäß § 15 Abs. 2 VBVG i.V.m. § 292 Abs. 2 FamFG die Vergütungsfestsetzung für künftige Zeiträume. Als Begründung führte sie aus, eine Veränderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Betreuten sei nicht zu erwarten, da diese allein in ihrer eigenen Wohnung lebe und aufgrund ihrer geringen Rente auf Grundsicherung angewiesen sei. Sie sicherte zugleich zu, etwaige Änderungen unverzüglich mitzuteilen.
Nachdem das Amtsgericht Speyer zunächst über den Antrag nicht entschied, die Betreuerin jedoch auf einer Entscheidung bestand, lehnte das Amtsgericht mit Beschluss vom 04.07.2023 den Antrag ab und begründete dies mit dem erheblichen Aufwand für die Geschäftsstellen. Das System habe sich nicht bewährt. Daher sei das „Projekt“ eingestellt worden, auch deshalb, weil einige Betreuer vergütungsrelevante Änderungen nicht mitgeteilt hätten. Schließlich stünde die Festsetzung einer Vergütung für zukünftige Zeiträume im Ermessen des Gerichts und habe die Betreuerin daher keinen Anspruch darauf.
Die Betreuerin kritisierte an der Entscheidung, dass sie mit dieser Begründung unter Generalverdacht gestellt werde. Sie selbst habe es bislang nicht versäumt, vergütungsrelevante Änderungen mitzuteilen.
Die sofortige Beschwerde der Betreuerin vom 26.07.2023 hatte Erfolg. Das Landgericht Frankenthal setzte für den Zeitraum ab 28.01.2023 bis 27.01.2025 eine Vergütung in Höhe von vierteljährlich 513,00 € brutto gegen die Staatskasse fest und bejahte damit einen rechtlich durchsetzbaren Anspruch auf Festsetzung einer Dauervergütung. Da unstreitig mit keinen Veränderungen der für die Höhe der Vergütung relevanten Kriterien (Wohnform / Vermögensstatus) zu rechnen war, ging es um die Frage, ob Berufsbetreuer einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung haben. Letzteres bejaht das Landgericht Frankenthal unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung nach der mit der Dauervergütung auch eine Entlastung von Berufsbetreuern bezweckt gewesen sei. Auch der Wortlaut der Regelung und das Antragsrecht deuten nach Auffassung des Gerichts darauf hin, dass Berufsbetreuer verlangen können, dass ihre Dauervergütungsanträge nicht mit sachfremden und willkürlichen Erwägungen abgelehnt werden. Wenn der Gesetzgeber den Gerichten eine Überprüfung der Ermessensentscheidungen hätte entziehen wollen, hätte er dies im Gesetz eindeutig klarstellen können, was aber nicht geschehe sei.
Im Folgenden begründet das Gericht, warum die Erwägungen, mit denen das Amtsgericht Speyer meint, von einer Dauervergütung absehen zu können, sachfremd sind. Auf die Erfahrungen in anderen Verfahren mit anderen Betreuern könne es bei der Entscheidung über den konkreten Einzelfall nicht ankommen und die Behauptung eines erheblichen Aufwandes für die Geschäftsstellen sei durch nichts belegt.
II.
Die Entscheidung des Landgerichts Frankenthal ist in jeder Hinsicht zu begrüßen. Die Überprüfung von Ermessensentscheidungen durch die Gerichte ist im Verwaltungsrecht eine Selbstverständlichkeit. Auch wenn eine solche Überprüfung – wegen der Sachnähe der Verwaltung – nur eingeschränkt möglich ist und nur Ermessensfehler durch die Gerichte korrigiert werden können, wäre nicht einzusehen, warum Berufsbetreuer bei der Entscheidung über ihre Dauervergütungsanträge keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung haben sollen. Anderenfalls liefe das Antragsrecht leer. Denn das Recht, einen Antrag zu stellen, korrespondiert mit dem Recht auf eine wenigstens nachvollziehbare und überprüfbare Entscheidung über diesen Antrag. Die gegenteilige Auffassung missachtet die Rechte von Berufsbetreuern.
Schließlich ist von Bedeutung, dass Rechtspfleger über die Festsetzung einer Dauervergütung entscheiden, also keine Volljuristen und erst recht keine Richter. Auch aus diesem Grund sollte eine Überprüfung dieser Entscheidungen durch die Beschwerdegerichte sichergestellt werden.
In einigen Gerichtsbezirken werden Anträge auf Festsetzung der Vergütung für zukünftige Zeiträume nicht bearbeitet oder Betreuer mit undurchsichtigen „Begründungen“ aufgefordert, keine entsprechenden Anträge zu stellen. Berufsbetreuern, die von einer Dauervergütung profitieren, kann nur geraten werden, auf einer Entscheidung über die Anträge zu bestehen. Nur so wird sich die Auffassung des Landgerichts Frankenthal (hoffentlich) bundesweit durchsetzen. Grundsätzlich behebbare technische Probleme bei der Anweisung der Vergütung für längere Zeiträume dürften in der Regel keine Erwägungen sein, auf die die Ablehnung eines Dauervergütungsantrages gestützt werden kann.